Am südwestlichen Zipfel von Wüllen liegt der Pineweg, eine Nachbarschaft mit langer Karnevalstradition. Unter dem Motto „Wi holt tosammen“ feiern die Nachbarn hier schon 60 Jahre gemeinsam Karneval.
Hier, in Honvehlmanns Schmiede, treffen sich die Männer zum Wagenbau. Als Thema haben sie sich Prinz Charles’ Krönung gewählt. Es ist der achte Termin, bis zur Fertigstellung folgen noch zwei. „Viele sind schon als Kids mitgelaufen“, sagt Christoph Gebker, Erster Vorsitzender der Nachbarschaft. Inzwischen ist es ein Vier-Generationen-Ding.
Vier Generationen feiern
Die Senioren werden am Dienstag Kartoffeln für die Puffer schälen. Die gibt es traditionell, wenn der Fritz verbrannt wird. Jüngere wie Markus Erning begleiten am Rosenmontag als Aufpasser den Wagen mit eigens bedruckten Nachbarschafts-Warnwesten. In einem sehr großen Bollerwagen, der Prinz Charles auf seinem Thron folgt, sind dann circa acht Kinder untergebracht.
Günter Erning und Thomas Massing sind schon lange dabei und freuen sich, dass die Tradition weitergeht. Für sie sind der Wagenbau, seine Herausforderungen und das Feiern dabei ein größerer Genuss als Rosenmontag. Das versteht, wer sieht, wie mehr als 16 Männer durch die Schmiede wuseln, die Bauteile bearbeiten und weitergeben, hier schnacken, dort ein Bier trinken und dann auch noch schunkelnd das Wüllener Traditionslied „So lange up de Höste“ anstimmen.


Andere Nachbarschaften bauen ihre Wagen direkt in einer großen Halle zusammen. Da die Schmiede aber klein ist, baut man am Pineweg im Baukastensystem. Einiges haben die Nachbarn schon auf den Ballenwagen gebaut. Viele sind Handwerker, doch auch Laien werden angelernt. Die mit zwei linken Händen werden einfach zum Einkaufen geschickt. Den Wagen haben sie von einem Landwirt geliehen, auf einer nahen Wiese aufgestellt und gut abgedeckt.
Einfach einhängbare Planken für den seitlichen Anfahrtschutz stehen noch an der Wand der Schmiede und ebenso blaue Hütten für Prinz Charles’ Wachsoldaten. Bei diesem Termin ist vor allem das Lackieren der Beschriftungen und anderer Bauteile angesagt. Die Männer nehmen sich Zeit. Günter Erning sagt: „Das Zusammensein steht im Mittelpunkt.“ Massing und er schwärmen außerdem von der guten Versorgung mit Hausmannskost bei diesen Terminen.
Zwei Dreigestirne gestellt
Schon zwei Dreigestirne aus der Nachbarschaft am Pineweg haben die Wüllener Karnevalisten angeführt. Zum 50. Nachbarschaftsjubiläum 2013 war der Schmied Guido Honvehlmann Prinz. Seine Prinzessin war Rita Gewers, der Mundschenk Günter Erning. Vater Leo Honvehlmann war 1990 Prinz mit Paula Schröder. Mundschenk war Bernhard Abbing. In dieser Session stellt die Nachbarschaft „Dickes End“ das Dreigestirn. „Wi holt tosammen“ ist dann turnusmäßig wieder in zwei Jahren dran.
Rosenmontag und die Bautermine sind nicht die einzigen Karnevals-Festivitäten der Nachbarschaft. Hinzu kommt beispielsweise ein gemeinsamer Festabend mit Büttenreden, Männerballett und eigens erstelltem Liedgut. Erning und Massing freuen sich, dass Nachbar Huub Geuke dafür so viele kreative Ideen liefert und dass die Nachbarschaft bei dem Fest allein einen ganzen Saal zusammenkriegt.
Nachbarschaften wichtig
Für den Karnevalsverein Klein-Köln schaut Marion Uschok bei den Werkenden vorbei. Sie ist froh, dass nach der langen Pause die Nachbarschaften „sofort wieder eingestiegen sind“. Sie merkt: „Die haben Bock.“ In diesem Jahr hat der Zug 90 Nummern, also Wagen und Fußgruppen. Ein Großteil der Wagen stammt aus den Nachbarschaften.