30 Euro ist viel Geld, gerade in der heutigen Zeit. Es klingt aber erstmal gar nicht nach so viel – vor allem wenn man bedenkt, was auf einer Kirmes wie in Ahaus so alles angeboten wird für Kinder. Da sind ja nicht nur zig Karussells und Fahrgeschäfte, bei der Hitze wollen auch Durst und Hunger gestillt werden. Wir haben einmal den Test mit der fünfjährigen Lotta, unserer Tochter, gemacht, Kirmesgeld und Angespartes zusammengelegt. Mal schauen, wie weit wir kommen.

Vorab: Ich bin kein Kirmes-Kenner, meine Tochter ist bisher allein durch die Stadtlohner Kirmes „vorgeprägt“, die wissentlich ein wenig überschaubarer ist. Und über eines bin ich mir im Klaren: Die Zeiten, wo ich mit den 10 Mark von Opa „vör‘t Pläsierken“ weit komme, sind vorbei. Die Erinnerung ist aber noch stark. Auf geht’s!
Aufregung ist spürbar
Ob der Einstieg über die Wallstraße günstig war? Links wie rechts locken Stände mit Süßem und Deftigem. Und Stand 1 liefert ausgerechnet die Zuckerwatte, die bei Lotta ganz oben auf der Tagesordnung steht. Schnell Themawechsel: Worauf freue sie sich denn am meisten? Das „höchste Karussell der Welt“ auf jeden Fall nicht. Das hat die Stadtlohnerin bereits auf dem Hinweg geortet, „so was Hohes möchte ich nicht“. Da ist auch der Papa erstmal erleichtert. Hoffentlich hält sich das bis zur Pubertät…

Rechts abgebogen – und schon ist die Rettung in Sicht. „Zieh den Hebel“ – so kommt es mir beim Anblick dieses Fahrgeschäfts gleich in den Sinn. Ein Favorit von Lotta. Okay, mit einer Fahrt wird es da nicht getan sein, statt 2,50 Euro für eine Tour gibt’s dann drei für 6 Euro. Nach einer Warteschleife – nicht die einzige an diesem Nachmittag – geht’s dann in den Polizeiflieger. Die zwei weiteren Fahrten sparen wir uns „für schlechte Zeiten“. Erstmal.

Mit noch 24 Euro in der Tasche schlängele ich die Kleine elegant am nächsten Karussell entlang, an „Tom der Tiger“ führt dann kein Weg mehr vorbei: eine kleine Kinderachterbahn, die scheinbar richtig Spaß zu machen scheint. „Kinder unter 6 Jahren nur in Begleitung eines Erwachsenen“: Schön, dass sich auch die Mama die Zeit genommen hat, denke ich als echter „Geschwindigkeitsfreak“. 2,50 Euro kostet auch hier die Fahrt – ich hätte eigentlich gar mit mehr gerechnet. Bis ich das entscheidende Schild erblicke: Familientag. Hätte ich bei dem „Rummel“ auch eher draufkommen können.
„Tom der Tiger“ wird zum Hit
Drei rasante Runden später geht’s dann weiter. Fast. „Papa muss auch noch mal mit“, hallt es von hinten. Na gut, ich werde es überstehen und fasse den Mut. „Das macht einfach Spaß“, ist Lotta die Freude anzumerken. Ich hab’s auch überlebt. Derart euphorisiert geht’s nun am Musik-Express vorbei – nach mittlerweile 22 Minuten und noch 19 Euro im Säckel. Lotta tanzt im Rhythmus mit und ich frage mich, woher sie die Malle-Hits eigentlich alle kennt. Schon peilt sie das nächste Ziel an: Trampolin. Erstmal einen Schluck Wasser, das wir zum Glück mitgebracht haben. Es ist heiß!

Auf dem Weg dorthin versuche ich die Kleine in ein Gespräch zu verwickeln, denn es geht stramm durch Losbuden mit den überdimensionalen Stofftieren hindurch. Irgendwie gelingt der Tunnelblick. Am Trampolin angekommen heißt nun erstmal wieder: ab auf die Wartebank und Geduld zeigen! Und die Vorfreude verkürzt die Wartezeit spürbar. 4 Euro kostet hier der Spaß. Nach gut fünf Minuten „Hängen in den Seilen“ ist Halbzeit: 15 Euro nach fast „gespielten“ 44 Minuten. Ich rechne nicht nur immer noch in (60) Mark (!) um, auch der Fußballer in mir ist geweckt.

Eigentlich wäre nun Zeit für eine Stärkung, denke ich ganz uneigennützig – Lotta ist aber in ihrem Tatendrang nicht zu stoppen. Dosenwerfen, drei Würfe auf zehn Dosen. Für satte 4,50 Euro! Okay, die Hälfte wird abgeräumt und die erste Belohnung ist endlich da: ein Stoffeule, natürlich in Blau. Es geht steil zum letzten Drittel des Budgets.

Und die Ungeduld steigt: ohne Entenangeln, kein Fest. Diese Erfahrung zieht sich durch unser noch recht kurzes gemeinsames Leben wie ein roter Faden. Und tatsächlich: Auf dem Rückweg „stellt“ sich uns Arno Zahn mit seinem Wagen in den Weg. Angel her, Eimer dazu – und 7 Euro weg! Puh, aber darauf war ich vorbereitet, das ist es mir wert. Wir sind doch alle froh, dass es viele Schausteller durch die schweren Zeiten schaffen, um unseren Kindern einen tollen Tag zu ermöglichen. Lotta lässt sich trotz des großen Andrangs Zeit.

Zeit eben für einen lockeren Schnack mit eben Arno Zahn, einem sehr sympathischen Zeitgenossen. Schon seine Eltern seien immer mit einer bayerischen Bierhütte nach Ahaus gekommen. „Ich selbst bin bestimmt auch schon 15 Jahre hier – immer die gleiche Route: Rhede, Vreden, Ahaus“, berichtet Arno Zahn und lacht. Am Familientag sei es übrigens immer so voll. Unterdessen hat Lotta ihr Tageswerk vollbracht und das nächste Stofftier eingesackt. Natürlich wieder ein blaues, ist halt ein „typisches“ Mädchen. „Jetzt hab ich bald ne ganze Parade“, sprüht es aus ihr heraus.
Lockerer Schnack mit Arno Zahn
70 Minuten sind auf der Uhr und noch 4,50 Euro im Portemonnaie. „Zuckerwatten-Zeit“, schießt es mir in den Kopf. Ach ja: Wie gerufen kommt noch einmal „Zieh den Hebel“, wie haben ja noch zwei Fahrten im Sinn. Feuerwehr, der Klassiker in Familientradition, und dann noch der Helikopter der Luftrettung – das Programm wird rund. Wartezeit mit obligatorisch schnell abflauendem „Giftanfall“ inklusive, die roten Bäckchen zeigen, dass die Kräfte langsam nachlassen. Dann erhellt auch noch „das Lied“ das Gemüt – Flowers von Miley Cyrus.

Wir biegen wieder Richtung Wallstraße ein und ich visiere bereits die Zuckerwatten-Bude am Ende an. 4,50 Euro für ne kleine, genau passend. Doch falsch gedacht: Während das Budget für die flauschige Eisbärenmütze, die ein paar Mädels kurz zuvor auf den Köpfen präsentierten, nicht mehr reicht und diese auch so gar nicht in die Jahreszeit passt, bleibt der Blick der Tochter am Softeis hängen: „Es ist doch so heiß!“ Kinderlogik, hätt ich auch drauf kommen können. Und: Es bleiben noch 50 Cent für die Spardose übrig.

Ein letzter Blick auf die Uhr, der Schiedsrichter nimmt die Pfeife schon in den Mund: tatsächlich 90 Minuten plus Nachspielzeit. Und von dieser gibt es ab der neuen Saison ja so einige. Dabei ist noch viel Kirmes am Ende des Geldes. Ich habe aber den Eindruck, dass es Lotta reicht. „Das hat richtig Spaß gemacht. Wirklich.“
Dem kann ich nur beipflichten. Klar: Wäre es nicht der Familientag gewesen, wir hätten hier und da noch ein paar Abstriche machen müssen. Aber auch sonst hätten wir zwei mit 30 Euro, wie gesagt viel Geld, viel Spaß bekommen. Und auch sicher mit den 10 Mark von Opa damals...
