Hausbesitzer Frank Wigger (53) stellt Mietern ein Auto vor die Tür Carsharing in Ahaus

Geteiltes Auto: Frank Wigger (53) geht Schritt zur Verkehrswende
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Für Hermann Schmittmann ist die Sache ganz einfach: „Ich habe kein Auto und ich will und werde auch keines haben“, sagt der 64-jährige Ahauser. Ab und an braucht er aber eines. Etwa für den Einkauf oder mal eine weitere Fahrt. Und da kommt ab sofort Frank Wigger ins Spiel: Vor dessen Mehrfamilienhaus an der Wessumer Straße 47 hat er einen Platz für ein Carsharing-Auto geschaffen.

Mittlerweile gibt es in dem sanierten Wohn- und Geschäftshaus keine Büroräume mehr. Dafür sind insgesamt 18 Wohnungen entstanden. „Und meine Mieter wünschen sich so ein Angebot“, sagt er mit Blick auf den Mini, der seit wenigen Tagen dort vor der Tür parkt. Als Vermieter müsste er sich gar nicht großartig um die Mieter kümmern. Die Nachfrage nach Wohnraum ist nicht nur in Ahaus riesig.

Knapper, begehrter Wohnraum

Wohnungen sind knapp und begehrt. Und doch ist es für Frank Wigger eine Herzensangelegenheit, seinen Mietern etwas zu bieten – und das Quartier vorwärts zu bringen. Ein Steckenpferd. Nicht nur für die eigenen Mieter, sondern insgesamt.

„Das hier war früher ein stark durchmischtes Gebiet. Da vorne das Hallenbad, da die Stadtwerke und die Straßenmeisterei“, sagt er und deutet die Wessumer Straße rauf und runter. Alles längst Vergangenheit. Das Viertel verändert sich: Immer mehr Wohnungen werden gebaut. Rund um das Gebäude mit der markanten Sitz- und Liegebank aus einem Eichenstamm vor der Tür vermietet allein Frank Wigger 30 Wohnungen.

„Das ist hier heute richtig urbanes Leben“, sagt er. In zehn Minuten schaffe man es in die Stadt. Der Bus fährt vor der Haustür, genug Platz für Fahrräder oder E-Roller gebe es auch. Entsprechend würden etliche Bewohner schon auf ein eigenes Auto verzichten. So wie Hermann Schmittmann. Andere würden zumindest mit dem Gedanken spielen.

„Das Problem ist aber, dass man es sporadisch ja doch braucht“, sagt Frank Wigger. Sei es für den Wocheneinkauf oder für die Fahrt zum Arzt in einer Nachbarkommune. Deswegen habe ihm die Idee mit dem Carsharing ja auch so gut gefallen.

Vermieter Frank Wigger (53, r.) und einer der zukünftigen Fahrer des Carsharing-Autos Hermann Schmittmann (64). Der Wagen steht ab sofort an der Wessumer Straße und ist für jeden nutzbar, der sich bei share-now.com registriert.
Vermieter Frank Wigger (53, r.) und einer der zukünftigen Fahrer des Carsharing-Autos Hermann Schmittmann (64). Der Wagen steht ab sofort an der Wessumer Straße und ist für jeden nutzbar, der sich bei share-now.com registriert. © Stephan Rape

„Ich hatte vor einem halben Jahr davon gelesen, dass es so ein Angebot in Ottenstein gibt“, sagt Frank Wigger. Unsere Redaktion hatte darüber berichtet: Andreas Helmich von der dortigen Provinzial-Agentur hatte sich ein Carsharing-Auto vor das Büro gestellt. Mit durchschlagendem Erfolg. Ursprünglich als Teil der Firmenflotte gedacht, ist der Wagen auch von externen Nutzern fast andauernd ausgelastet.

Frank Wigger war Feuer und Flamme. Denn längst nicht jeder seiner Mieter hat ein eigenes Auto. „Das war mir aufgefallen, weil gar nicht so viele Stellplätze vor dem Haus belegt sind, wie ich nachweisen muss“, sagt er lächelnd.

Das Carsharing sei deswegen genau der richtige Puzzlestein für das Mobilitätskonzept in der Region: „Das wollte ich hier auch anbieten“, sagt er. Bei der Stadt und in der Politik habe er damit offene Türen eingerannt. Bis das Auto dann aber tatsächlich vor der Tür stand, verging noch etwas Zeit. Aktuell ist das auch nur ein Zwischenschritt: „Eigentlich wollten wir ja direkt mit einem E-Auto und nicht mit einem Verbrenner starten“, sagt Frank Wigger.

Doch auch das ziehe sich noch etwas hin und folge dann in einem zweiten Schritt. Nach oben sieht er erst einmal keine Grenzen. „Wenn andere Eigentümer das anbieten wollen, können sie sich gerne an mich wenden“, sagt er. Schließlich gebe es rund um Wessumer Straße und Hessenweg ja locker 100 bis 150 Wohnungen, für die das Angebot interessant werden könnte.

„Ich persönlich habe da nichts von“, sagt er. Lediglich einen Stellplatz vermiete er an den Sharing-Anbieter aus Münster. Bei dem können sich Anwohner wie auch alle anderen Ahauser registrieren und dann via Smartphone das Auto buchen und aufschließen.

Schritt zur Verkehrswende

Für Frank Wigger ist das ein wichtiger Schritt auf dem Weg durch die Verkehrs- und Energiewende. „Ich will etwas tun“, sagt er. Schließlich diskutiere er mit seinen Kindern zuhause regelmäßig darüber. Einfach nur darauf zu warten, dass andere etwas tun, passe da nicht.

Er denkt noch einen Schritt weiter: Möglich sei ja auch, das Angebot weiter zu vergrößern, wenn es erst einmal angenommen wird. Sei es am jetzigen Standort durch den Dienstleister oder auch bei umliegenden Mehrfamilienhäusern.

Mit den Häusern anderer Eigentümer in der direkten Umgebung seien es locker 100 bis 150 Wohnungen, die rund um den Stellplatz des Sharing-Autos liegen. Entsprechend groß sei der mögliche Kreis der Nutzer.

Ausdrücklich setzt er für das Carsharing auf einen Anbieter aus Münster, der sich inzwischen an einen europaweit tätigen Anbieter angeschlossen hat. „Allein schon, um es möglichst ohne Aufwand anbieten zu können. Der Anbieter kümmert sich um alles“, sagt Frank Wigger. Andere Systeme habe er sich angesehen, da wäre ihm der persönliche Aufwand aber schlicht zu groß gewesen.

  • Share Now bietet eigenen Angaben nach in 16 europäischen Metropolen einen Fuhrpark mit rund 10.000 Fahrzeugen, davon 3000 rein elektrisch.
  • Wer sich auf dem Portal www.share-now.com registriert, kann die Fahrzeuge nutzen. Rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche: Die Fahrzeuge lassen sich per Smartphone öffnen. Tankkarte und Zündschlüssel sind im Auto hinterlegt.
  • Die Kosten unterscheiden sich je nach Fahrzeugtyp und Abrechnungsmodell. Möglich sind beispielsweise monatliche Abos oder minutengenaue Abrechnungen. Ein Mini, wie er bei Frank Wigger ab sofort vor dem Haus steht, ist so beispielsweise ab neun Cent pro Minute zu mieten.

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