Eine Vielzahl von Knöpfen übersät die Fahrerkabine des Feldhäckslers. Mittendrin ein oranger Fahrhebel. Erinnert mich an eine Spielkonsole. Ich schiebe den Hebel erst etwas nach rechts, der Motor dreht hoch. Dann drücke ich vorsichtig nach vorne. Nichts. Also nochmal, etwas energischer. Die Maschine stottert und ich schrecke auf. Trotzdem rollt der Feldhäcksler langsam los. Noch etwas unsicher fahre ich ihn über den Betriebshof von Landmaschinen Greving in Sabstätte.
Aber noch einmal ein paar Schritte zurück. Wie bin ich überhaupt hier gelandet?
Landmaschinen: Ein neuer Blick
Eine Frage beschäftigt mich schon lange: Wie ist es eigentlich, auf diesen riesigen Landmaschinen zu sitzen?
Obwohl ich in einem kleinen münsterländischen Dorf aufgewachsen bin, viel Zeit auf Pferdehöfen verbracht habe und der Mais quasi vor meiner Haustüre wächst, habe ich noch nie einen Traktor von innen gesehen. Von einem Feldhäcksler ganz zu schweigen.
Meistens nehme ich die Maschinen nur aus dem Auto wahr. Wenn sie mir auf dem Weg nach Hause an der schmalsten Stelle einer Allee entgegenkommen. Oder quälend langsam vor mir fahren und mir einen extra langen Rückweg bescheren.
Aber wie fühlt sich das eigentlich auf der anderen Seite an? Zeit für einen Perspektivwechsel: Bei dem Ahauser Unternehmen Greving darf ich kurz selbst hinters Steuer.

Die Kunst des Vorausschauens
Ein John Deere 8600i steht vor mir auf dem Hof der Firmenzentrale in Sabstätte. Ein Feldhäcksler. Fast vier Meter hoch, fast sieben Meter lang, knappe 3,5 Meter breit, 625 PS stark, Leergewicht: fast 20 Tonnen. Allein die Reifen reichen mir ein ganzes Stück über den Kopf. Zur Fahrerkabine führt eine Treppe. - Dass die Maschine so groß und massiv ist, schüchtert mich ein.
Bevor ich selbst lenken darf, setze ich mich für einen Moment auf den Beifahrersitz neben Verkaufsleiter Dominik Selhorst. Wir fahren eine Runde über die Wirtschaftswege. Mir fällt auf, wie viel Raum der Feldhäcksler auf der schmalen Straße einnimmt. Die Fahrt erfordert Millimeterarbeit. Dominik Selhorst setzt den Blinker und wir biegen links auf den Düwing Dyk.
Durch mehrere Seitenspiegel kann ich sehen, dass die Reifen an der Fahrbahnbegrenzung kratzen. Von hier oben habe ich einen guten Blick auf die Landstraße.
Ein Auto kommt uns entgegen. Ich fürchte, dass kein Platz für beide ist. Dominik Selhorst bremst etwas ab, weicht auf den Grünstreifen aus. Der Autofahrer tut es ihm gleich. Sie fahren aneinander vorbei. Gar nicht so spektakulär. Das Erfolgsrezept: Vorausschauend fahren, sagt Dominik Selhorst.
Hinter dem Steuer
Zurück auf dem Betriebshof darf ich ans Steuer. Wirklich wohl fühle ich mich so hoch über der Erde nicht. Dominik Selhorst erklärt mir, was ich machen muss: Gas und Schaltung sind in einem Hebel vereint. Ungewohnt. Wie in der Fahrschule habe ich Schwierigkeiten beim Anfahren. Ich bin zu vorsichtig, bekomme dann aber den Dreh heraus.
Mit dem Fahrhebel gebe ich vorsichtig Gas. Mit der anderen Hand lenke ich. Obwohl sich die Landmaschine deutlich leichter als mein Pkw lenken lässt, fühlt sich das Ganze merkwürdig an. Denn: Anders als beim Auto befindet sich die lenkende Achse hinten und nicht vorne.
Dann der Blick: Ich sitze zwar hoch über der Straße und habe zahlreiche Spiegel, weiß aber nicht, wo ich hinschauen soll. Vorne, hinten, rechts und links – nirgendwo kann ich die Maße der Maschine wirklich einschätzen. Ständig wechselt mein Blick, weil ich Angst habe, irgendwo gegen zufahren. Besonders beim Rückwärtsgang fällt es mir schwer, den Überblick zu halten.
Beim Parken komme ich an meine Grenzen. Trotz genauer Anleitung. So richtig sicher fühle ich mich nicht. Die Maße sind unglaublich schwer einzuschätzen. Und das, obwohl reichlich Platz ist. Schließlich ziehe ich den Fahrhebel zurück, die Maschine kommt zum Stehen. Neben Euphorie bleibt ein Gefühl der Unsicherheit.
Ich bin erleichtert, wieder in meinem Auto zu sitzen. Was ich mich jetzt noch frage: Wieso sind diese Maschinen eigentlich so groß? Das sollen mir Folgegespräche beantworten.


