Geschmückte Trecker stehen bereit Landwirte starten weihnachtlichen Korso durch ganz Ahaus

Geschmückte Trecker: Landwirte starten weihnachtlichen Korso durch Ahaus
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Sie fahren wieder: Am Samstag vor dem dritten Advent (10. Dezember) machen sich Landwirte aus allen Ortsteilen auf einen Korso durch das ganze Stadtgebiet. Gut 35 Kilometer ist die Strecke lang, die sie mit weihnachtlich beleuchteten Traktoren abfahren wollen. Nicht nur, um Weihnachtsstimmung zu verbreiten.

Bei Martin Kortbuß, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Ortsvereins Graes und einer der Organisatoren hinter Land sichert Versorgung NRW (LSV), laufen die Fäden zusammen. Der 35-jährige Landwirt aus Graes ist am Freitagmittag damit beschäftigt, die Lichterketten auf den beiden John-Deere-Traktoren zu befestigen.

Hell beleuchtet waren die Traktoren schon 2021 durch die Stadt gefahren. Damals allerdings noch unter Coronavorgaben – und ohne vorab die Strecke bekannt zu geben.
Hell beleuchtet waren die Traktoren schon 2021 durch die Stadt gefahren. Damals allerdings noch unter Coronavorgaben – und ohne vorab die Strecke bekannt zu geben. © Kippic (Archiv)

Am späten Samstagnachmittag soll der Korso vom Graeser Sportplatz aus losgehen. Gegen 16.45 Uhr, schätzt er. Von dort geht es zunächst eine Runde durch Graes, dann über den Ahaus-Enscheder Damm und die B70 nach und durch Alstätte, an Karpaten vorbei nach Ottenstein, weiter über die Barler Straße nach Wüllen von dort weiter nach Wessum. Von da aus fahren die Landwirte schließlich über die Wessumer Straße, die Fuistingstraße und die Parallelstraße zur Hindenburgallee nach Ahaus.

Dort fährt die Kolonne dann direkt am Winterdorf in der Innenstadt vorbei durch die Wallstraße, bevor sie Richtung Kottland abdreht und sich dort schließlich auflöst. Mindestens eineinhalb Stunden wollen sie unterwegs sein. Unter dem Stichwort „Ein Funken Hoffnung 2022“ haben die Landwirte die Tour auch auf der Plattform „Komoot“ im Internet angelegt. Ebenso will Ahaus Marketing und Touristik (AMT) noch auf die Tour hinweisen.

Hoffnung auf mehr Resonanz

„Das durften wir ja im vergangenen Jahr wegen der Corona-Auflagen noch nicht“, sagt Martin Kortbuß. Dennoch hätten auch da schon viele Menschen entlang der Strecke gestanden. Mit dem entsprechenden Vorlauf hofft er in diesem Jahr auf eine noch größere Beteiligung.

Denn bei aller vorweihnachtlichen Stimmung: Natürlich hat der Korso einen ernsten Hintergrund. „Ohne Bauern geht es nicht“, steht auf einem Transparent, das Martin Kortbuß vorne an seinem Schlepper angebracht hat. „Wir wollen unsere Botschaft transportieren“, sagt er. Die Botschaft von den Zukunftssorgen der Landwirte, aber auch die von gegenseitiger Rücksichtnahme: „Jetzt im Winter freuen sich alle, uns zu sehen“, sagt er.

Im Frühjahr oder Sommer, wenn viele Fahrradtouristen wieder auf den Wirtschaftswegen unterwegs seien, verändere sich die Stimmung dann oft wieder. „Das ist unser Arbeitsplatz“, betont er. Natürlich habe er Verständnis für die Ausflügler. Und natürlich müsse man sich miteinander arrangieren. „Aber das geht nur zusammen“, erklärt er. Ein Fahrrad könne ganz einfach leichter ausweichen als ein tonnenschweres Gespann aus Traktor und Landmaschinen.

Wenn er an die noch größeren Forderungen der Landwirte denkt – den Widerstand gegen das Mercosur-Abkommen und die Düngemittelverordnung, die vielen offenen Fragen rund um die Insektenschutzprogramme der Bundesregierung oder das „allgemeine Bauern-Bashing“, wie er es nennt – sei der Erfolg auch noch sehr überschaubar.

Ohne Bauern geht es nicht – die Tour der Traktoren hat einen ernsten Hintergrund: „Wir wollen auf unsere Ziele und unsere Sorgen aufmerksam machen“, sagt Martin Kortbuß.
Ohne Bauern geht es nicht – die Tour der Traktoren hat einen ernsten Hintergrund: „Wir wollen auf unsere Ziele und unsere Sorgen aufmerksam machen“, sagt Martin Kortbuß. © Stephan Rape

Aus diesen Motiven hatte sich 2019 die gemeinsame Bewegung der Landwirte überhaupt erst formiert. „Passiert ist leider deutlich weniger, als wir gehofft haben“, sagt er. Allerdings habe sich die Präsenz der Landwirte verändert. „Wir sind ja nicht gegen die Gesetze“, erklärt er, „aber wir wollen Mitspracherecht.“ Und Zukunftssicherheit.

Wie sehr die kippelt, würden viele Kollegen aktuell beim Thema „Bio“ merken. „Viele Menschen sparen zuerst bei den Lebensmitteln“, sagt er. Das sei ja auch verständlich. Den Milchvieh-Betrieben, die auf Bio umgestellt haben, würde das trotzdem nicht helfen. „Der Bio-Markt ist aktuell praktisch tot“, sagt Martin Kortbuß. Herkömmlich produzierte Milch bringe aktuell genauso viel Erlös wie die deutlich teurer produzierte Biomilch. „Das kann nicht funktionieren“, sagt er.

Genehmigung war kein Problem

Dann wischt er den Gedanken beiseite. Die Lichterkette auf der Motorhaube sitzt noch nicht richtig. Und das kann natürlich so nicht bleiben.

Wirklich zufrieden ist er mit der Zusammenarbeit mit Polizei und Verwaltung. „Es war überhaupt kein Problem, das alles genehmigt zu bekommen“, sagt er. Im Kreis Coesfeld sah das schon anders aus. Dort hatten einige Umzüge auf der Kippe gestanden. „Wegen Fehlern bei den Anträgen“, sagt Martin Kortbuß. Die Kollegen aus dem Nachbarkreis hätten ihren Umzug nicht als Demonstration, sondern als Brauchtumsveranstaltung angemeldet. Deswegen sei es dort unnötig kompliziert geworden. Das sei in und um Ahaus aber kein Thema gewesen. Auch das sei ja inzwischen längst geübte Praxis.

75 Traktoren würden aktuell zum Korso gehören. Ungefähr so viel wie in den beiden Vorjahren. „Die Kollegen haben sich fest angemeldet“, sagt er. Genau wie damals würde die Organisation immer noch relativ spontan über Whatsapp-Gruppen laufen. Vielleicht kämen deswegen ja auch noch ein oder zwei dazu. Wie lange sie unterwegs sein werden, mag er auch noch nicht genau abschätzen.

Er geht aber fest davon aus, dass die Reaktion der Zuschauer am Straßenrand genauso positiv wie in den vergangenen Jahren ausfällt. Vor allem in der Innenstadt am Winterdorf hofft er auf besonders viele Kinder und Familien.