Landwirte rollen gegen Atommüll Bürgermeisterin ruft alle Ahauser zu Widerstand auf

Landwirte rollen gegen Atommüll: Karola Voß hofft auf mehr Widerstand
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Für einen kurzen Moment geht am Montagabend rund um den Kreisverkehr zwischen Schumacher- und Adenauerring nichts mehr. Landwirte blockieren mit Traktoren und einem Sattelschlepper den Verkehrsknoten. Mitten im Feierabendverkehr. Auf der Insel in der Mitte haben sich Demonstranten gegen die drohenden Castortransporte aus Jülich versammelt. Unter lautem Applaus und Jubelrufen drehen die Traktoren eine Runde um den Kreisverkehr, fahren bis zum LKW-Parkplatz an der Legdener Straße, drehen und kommen noch einmal zurück.

Landwirt Daniel Hemker-Thiemann macht seinem Ärger Luft. Er ist mit zwei seiner drei Kinder zur Demo gekommen. Zusammen mit etlichen Kollegen unterstützt er an diesem Abend die Proteste gegen Castortransporte. „Wir in Ahaus wollen diesen Müll aus irgendwelchen Forschungsreaktoren nicht. Wir brauchen ihn hier nicht“, macht er ganz deutlich. Schließlich werde in der Landwirtschaft Bioenergie erzeugt. Mit Atommüll passe das überhaupt nicht zusammen.

Landwirte kritisieren LKW-Lösung

Es geht ihm aber auch um mehr, als allgemeine Kritik an der Lagerung von Atommüll: „Wir als Landwirte sind täglich mit unseren großen Maschinen im Verkehr unterwegs. Wir sehen deswegen die Transporte über die Straße als sehr kritisch an. Einfach, weil man da sehr verwundbar ist. Man kann die Strecke einfach nicht so gut abriegeln wie eine Bahnstrecke“, erklärt er am Rand der Demo im Gespräch mit unserer Redaktion.

Deswegen sei jetzt auch der Zeitpunkt, sich zu zeigen. „Wir versuchen den Schulterschluss mit den Ahausern zu halten“, macht er deutlich. Denn: „Wir sind normale Bürger der Stadt und wollen diesen Atommüll nicht in unserer Nachbarschaft haben.“

Dabei spielten auch persönliche Sorgen eine große Rolle: „Wir haben drei Kinder, leben mit meiner Oma und meinen Eltern auf einem Drei-Generationen Betrieb“, sagt er. Da wolle er nicht noch mehr Atommüll in der Nachbarschaft haben.

Burkhard Helling von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“ blickt optimistisch auf die ersten 50 bis 60 Demonstranten, die sich auf dem Kreisverkehr versammeln. Bei dem Wetter habe er gar nicht mit so vielen Teilnehmern rechnen mögen. Am Ende freut er sich gar über rund 100 Teilnehmer. Unabhängig davon rechnet er damit, dass sich der Protest in den kommenden Wochen wie bei einem Schneeballsystem ausweiten wird. Sowohl über Landwirte als auch über Unterstützer der Bürgerinitiative.

Bürgermeisterin Karola Voß bei der Demo auf dem Kreisverkehr
Bürgermeisterin Karola Voß (2.v.r.) kam mit dem Ersten Beigeordneten Manuel Benning zur Demonstration auf dem Kreisverkehr bei Tobit. Sie wünscht sich, dass noch viel mehr Ahauserinnen und Ahauser gegen die geplanten Castortransporte demonstrieren. © Stephan Rape

Und er geht noch weiter: Er rechnet sich und der BI Chancen aus, die Transporte noch verhindern zu können – auch wegen des Gaza-Kriegs und der aktuellen weiteren Lage: „Die Polizisten laufen wegen der vielen Demonstrationen jetzt schon auf dem Zahnfleisch. Die werden es nicht schaffen, für 152 Castortransporte nachts die Autobahn zu sichern“, sagt er. In Jülich und Ahaus werde demonstriert, auch für zwei oder drei mögliche Routen seien Blockaden angekündigt. „Ich glaube, dass wir eine Chance haben, das noch zu verhindern“, gibt er sich kämpferisch. Nur brauche die BI dafür noch mehr Unterstützung.

Bürgermeisterin Karola Voß kommt am Abend zusammen mit dem Ersten Beigeordneten Manuel Benning zur Demonstration auf dem Kreisverkehr. Sie mag den Erfolg oder Misserfolg des städtischen Klageverfahrens nicht abschätzen. Das liege bei Gericht.

Großer Rückhalt für Proteste

Insgesamt sehe sie aber bei den Ahauserinnen und Ahausern einen großen Rückhalt für den Protest. Und für das Ziel, die Transporte insgesamt zu verhindern. „Nicht nur nach Ahaus“, macht sie deutlich. Besonders betont sie auch, dass die Demonstration nicht von Fremden angeführt wird. „Das ist der Widerstand von hier vor Ort“, sagt sie. Widerstand, den sie sich für die Zukunft noch massiver wünscht: „Jeder Demonstrant soll zusätzlich einen mitnehmen“, sagt sie. Und fügt hinzu: „Ich würde mir wünschen, dass jeder Ahauser mitdemonstriert.“

Am Tag nach dem Traktorkorso ist Daniel Hemker-Thiemann hörbar zufrieden mit dem Ergebnis. „Bei der nächsten Veranstaltung sind wir wieder dabei“, sagt er. Ende November, wenn der nächste Test-Castortransport nach Ahaus rollt und die Bürgerinitiative wieder demonstrieren will. „Wir wollen Einigkeit demonstrieren und den Zielen der BI mehr Nachdruck verleihen“, fügt er hinzu.

15 bis 20 Schlepper wollen die Landwirte dann wieder auf die Straße bringen. Aus jedem Landwirtschaftlichen Ortsverein in Ahaus und den Ortsteilen jeweils eine Handvoll. Mehr sei spielend möglich. „Aber es bringt ja nichts, aus jedem Ortsverein zehn oder mehr Traktoren zu versammeln“, fügt er hinzu. Es gehe ja nicht darum, den Verkehr in völliges Chaos zu stürzen und die Wut aller Autofahrer auf sich zu ziehen.

Schon am Montagabend kam es ja zu längeren Staus. Bei einem Korso von 16 Traktoren und einem Sattelschlepper. „Da wechseln wir uns lieber ab“, erklärt er. Fest zugesagt haben die Landwirte ihre Teilnahme schon für den 21. November.

In der Nacht auf Mittwoch soll ein Test-Castortransport in Ahaus eintreffen. Landwirte und Bürgerinitiative planen dazu keinen direkten Protest.