Wer an einen Golfplatz denkt, hat wohl erst einmal penibel gemähtes Gras, klinisch sauber geharkte Wege und akkurat gestutzte Hecken.
Ein Trugschluss: „Wir nutzen nur knappe 50 Prozent der Fläche für den Sport“, sagt Bernhard Meyer, geschäftsführender Gesellschafter der Betreibergesellschaft des Golf- und Landclubs. 50 Prozent der insgesamt rund 100 Hektar im Südwesten von Alstätte werden für die Abschläge, Spielbahnen (die sogenannten Fairways) und die Grüns genutzt. Letztere sind die teppichartigen und besonders intensiv gepflegten Flächen rund um die Löcher.

Der Rest seien Teiche, Streuobstwiesen, kleine Wäldchen, wilde Hecken oder Blumenwiesen. Die zu großen Teilen sich selbst überlassen werden. „Das wissen nur die Wenigsten“, sagt Bernhard Meyer. Dabei schreibe sich der Golf- und Landclub seit Jahren ökologische Ziele ganz oben auf die Fahne. Ist beispielsweise mit dem silbernen Zertifikat Golf und Natur des Deutschen Golfverbands ausgezeichnet. Oder gehört seit kurzem zu den deutschlandweit 36 Golfclubs, die in einem Forschungsprojekt zur weiteren ökologischen Aufwertung aufgenommen wurden.
Sechs Jahre lang wird der Golfclub dazu von der Universität Münster unterstützt. Weitere Blühwiesen, Blühstreifen, Saumvegetation und Gebüsche sollen gemeinsam mit dem Forschungspartner angelegt werden. Professor Dr. Dr. Norbert Hölzel, Leiter der AG Biodiversität und Ökosystemforschung am
Institut für Landschaftsökologie, wird die Maßnahmen in Ahaus federführend betreuen.
Projekt GolfBiodivers
Das Projekt „GolfBiodivers“ wird im Bundesprogramm Biologische Vielfalt gefördert durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesministeriums für Umwelt und Naturschutz. In diesem Projekt sollen weitere Flächen aufgewertet werden. Oder Projektbausteine weiter fortgesetzt werden.
Unter anderem für dieses Projekt hatte der Golfverband Nordrhein-Westfalen gerade erst eine Kooperation mit dem NRW-Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr geschlossen. Minister Oliver Krischer sei regelrecht begeistert vom Honig aus Alstätte gewesen, heißt es. Den Honig produzieren eigene Bienenvölker seit gut zehn Jahren.

Thomas Lepping ist seit über zehn Jahren Head-Greenkeeper in Alstätte. Der Vredener kennt dort praktisch jeden Grashalm, kümmert sich um den tadellosen Zustand der Bahnen – hat aber auch die Flächen abseits im Blick. Die sogenannten „Roughs“. Die werden in Alstätte beispielsweise höchstens zweimal im Jahr gemäht. „Andere Clubs machen das monatlich“, sagt er. Der Ordnung halber.
In Alstätte sollen sich diese Bereiche praktisch selbst pflegen – und so auch möglichst wenig Arbeit verursachen. Ein doppelter Vorteil: ökologisch wie ökonomisch. Das biete sich ja ganz einfach an, so Bernhard Meyer weiter.

Dabei gehe es aber auch nicht um völligen Wildwuchs. In weiten Kurven fährt Thomas Lepping zügig im Golfcart über „seine“ Anlage. Westlich des Ottensteiner Damms etwa wurden in den vergangenen Jahren sogenannte wechselfeuchte Mulden angelegt. Feuchtflächen, in denen sich unterschiedliche Pflanzen und Tiere ansiedeln können oder das schon getan haben. Die Bereiche zwischen den Bahnen wurden so ökologisch umgebaut. Aufwand, zu dem sich der Club selbst verpflichtet hat.
Vor fast zehn Jahren etwa wurde weiter nördlich auf der Anlage eine größere Streuobstwiese angelegt. Sie entwickelt sich langsam aber beständig. „Solche Projekte brauchen jahrelang Zeit“, sagt Thomas Lepping. Zeit, die die Pflanzen auf der Golfanlage bekommen. Noch ein paar schnelle Kurven weiter nördlich deutet er auf Gebüsche, Hecken und mehrere große Insektenhotels. „Bis vor ein paar Jahren stand hier nur Mais“, sagt er mit Blick auf die ehemaligen landwirtschaftlichen Flächen.
Kein Zutritt für die Öffentlichkeit
Jetzt ist dort fast so etwas wie eine Parkanlage entstanden. Eine, die der Öffentlichkeit allerdings verschlossen bleibt. Zwar gibt es einige öffentliche Wege, die quer durch die Golfanlage führen, die meisten Flächen bleiben allerdings Mitgliedern vorbehalten. Und auch die sollen die ganz naturbelassenen Bereiche sich selbst überlassen.
Auch bei der Bewässerung im Sommer würden Ökologie und Ökonomie Hand in Hand arbeiten: „Keine Frage, wenn uns ein Grün in Hitze und Trockenheit kaputtgehen würde, kostet eine Neuanlage schnell über 30.000 Euro“, rechnet Bernhard Meyer vor. Entsprechend würden die natürlich dauerhaft bewässert. Aber nur zwei der 100 Hektar großen Anlage seien Grün – die Zielzonen direkt an den Löchern. „Natürlich haben wir dafür wasserrechtliche Genehmigungen“, betont Bernhard Meyer. Doch auch da versuche der Club, so wenig Wasser zu nutzen wie es geht: Durch eine genaue Analyse, mehrere Beregner pro Grün und einzelne Steuerung. Kritik aus der Nachbarschaft, die es vor Jahren noch gegeben habe, sei inzwischen auch verstummt.
Golfsport für alle
Golf solle nicht nur ein Sport für viele Menschen werden: „Der Sport hat sich allen Menschen aus den unterschiedlichsten Schichten geöffnet“, sagt Bernhard Meyer. Das Elitäre sei nur ein Klischee aus der Vergangenheit. Golf sei auch die einzige Sportart, die nachhaltig und ökologisch betrieben werden könne.
