Mit Atemnot und nachdem er zuhause schon Blut gehustet hat, kommt Hermann Steverding Anfang Februar ins Ahauser Krankenhaus. Sein Hausarzt hatte ihn dorthin geschickt. Für den Stadtlohner eine absolute Stress- und Ausnahmesituation. Doch statt zur schnell erwarteten ärztlichen Hilfe kommt Hermann Steverding erst einmal nur in den Wartebereich.
„Es war brechend voll“, erinnert sich der 66-Jährige. Um 16.30 Uhr betritt er die Notaufnahme. Erst um 19.15 Uhr habe er ein erstes kurzes Aufnahmegespräch geführt. Bis zum Arztgespräch und einer Röntgenaufnahme dauert es noch einmal mehrere Stunden. Erst nach 23 Uhr kommt er schließlich auf sein Zimmer, über sechseinhalb Stunden nach Betreten des Krankenhauses. Diagnose: Lungenentzündung.
Auch sein Krankenzimmer erschreckt ihn: Sein Bett sei lediglich in den Tagesraum auf der Station geschoben worden. Woanders habe es keinen Platz gegeben. Eine Klingel oder einen Lichtschalter habe er an seinem Bett vergeblich gesucht. Schwerer wiegt für ihn aber die lange Wartezeit in der Notaufnahme.
Für den Stadtlohner Ratspolitiker schmerzt die Schließung des Stadtlohner Krankenhauses immer noch. „Natürlich bin ich darüber nicht glücklich“, sagt er. Allerdings habe er Verständnis für die Spezialisierung auf einzelne Standorte. Trotzdem: „In Stadtlohn wurden die Betten abgebaut und hier in Ahaus ist die Kapazität noch nicht hochgefahren“, schimpft er.
Das hätte anders organisiert werden müssen. „Eine gut funktionierende Klinik aus Stadtlohn wurde nach Ahaus geholt, obwohl da kein Platz ist“, macht er deutlich. Ausdrücklich betont er, dass er dem Personal keinen Vorwurf machen wolle. Es sei die Struktur, die nicht stimme. Und damit steht er nicht alleine da.
Die Rede ist von langen Wartezeiten in der Zentralen Notaufnahme, von überfüllten Krankenzimmern, überlasteten Stationen und zu wenig Personal. Kritik, die in den vergangenen Wochen immer wieder verschiedene Stimmen äußern. Namentlich dazu stehen wollen sie jedoch nicht.

Nachfrage beim Klinikum Westmünsterland. Zu Einzelfällen bezieht das Klinikum öffentlich schon mit Blick auf die ärztliche Schweigepflicht keine Stellung. Als Hermann Steverding ins Krankenhaus kam, habe es dort aber keine besondere Lage gegeben. Es habe lediglich ein gewohnt hohes Patientenaufkommen geherrscht.
Und Pressesprecher Tobias Rodig verdeutlicht, was das allein am Ahauser Standort des Klinikums bedeutet: Pro Jahr werden in der Ahauser Notaufnahme über 25.000 Patienten behandelt. „Fast zwei Drittel der Patienten können nach einer ambulanten Behandlung wieder nach Hause gehen, etwa ein Drittel wird stationär aufgenommen“, sagt er.
Leider werde die Notaufnahme immer häufiger auch von Patienten in Anspruch genommen, die eigentlich beim Hausarzt oder beim kassenärztlichen Notdienst richtig aufgehoben wären. „Auch diese Patienten durchlaufen alle die Triage und binden unsere Kapazitäten – was sich wiederum auf die Wartezeiten auswirkt“, macht er deutlich.
Triage für alle Patienten
Triage ist ein Verfahren, um alle Patienten schnell und entsprechend ihrer Verletzung oder Erkrankung zu erfassen: Alle Patienten in der Notaufnahme durchlaufen die Triage nach dem Manchester-System. Ein standardisiertes Verfahren zur Ersteinschätzung der Dringlichkeit einer Behandlung von Patienten.
Die Reihenfolge der Behandlung in der Notaufnahme richte sich ausschließlich nach der gesundheitlichen Gefährdung des Patienten und nicht nach der Reihenfolge seines Eintreffens in der Notaufnahme.
Derzeit gibt es dort neun Behandlungsräume sowie einen Schockraum. Seit Anfang 2023 ist eine Beobachtungsstation mit sechs Behandlungsplätzen dazu gekommen. Bis Ende 2026 soll die Zentrale Notaufnahme vollständig saniert und erweitert werden.
Alle Stellen sind besetzt
Aktuell arbeiten dort 21 Vollkräfte, verteilt auf 30 Mitarbeitende im pflegerischen Bereich und knapp fünf Vollkräfte im administrativ unterstützenden Bereich (acht Mitarbeitende). Dazu kommen vier Ärztinnen und Ärzte, die montags bis freitags zwischen 8 und 16.30 Uhr hauptverantwortlich in der ZNA arbeiten.
Außerhalb der Kernarbeitszeiten sind die diensthabenden Ärztinnen und Ärzte der klinischen Fachbereiche zuständig. Bei Bedarf würden weitere Fachärzte aus den zuständigen Fachabteilungen dazu gezogen.
Damit übertreffe das Klinikum die Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Interdisziplinäre Notfall- und Akutmedizin (DGINA), betont Tobias Rodig. Zurzeit sind keine Stellen unbesetzt. Auch das sei ein Ergebnis der Zusammenlegung der beiden Krankenhausstandorte in Ahaus und Stadtlohn.
Denn, auch das betont Tobias Rodig, schon im Herbst/Winter 2022 wäre es sonst zu einem Personalengpass gekommen: „Der Betrieb von Notaufnahmen mit ausreichend Fachpersonal an beiden Standorten wäre spätestens da nicht mehr durchgängig möglich gewesen.“
Maximale Wartezeiten gibt es nicht
Die durchschnittliche Zeit bis zur Behandlung liege in der Ahauser Notaufnahme bei etwa einer Stunde. Das ist aber nur ein rechnerischer Wert: Denn die Zeit könne je nach Behandlungsdringlichkeit stark variieren. Während Patienten in akuter Lebensgefahr natürlich sofort behandelt werden, könne es bei Patienten mit leichteren Verletzungen auch länger dauern.
Einen Standard für die maximale Wartezeit gibt es daher nicht. Die gesamte Aufenthaltszeit eines Patienten (Wartezeit, Behandlung und weitere Therapieentscheidung) in der Ahauser Notaufnahme habe 2022 im Durchschnitt bei zwei Stunden und neun Minuten gelegen. Aber: „Die Qualität der Arbeit in einer Notaufnahme darf nicht an der Warte- oder Aufenthaltszeit bemessen werden“, betont Tobias Rodig.
Bettenzahl hat keinen Einfluss
Und auch der Stand der Erweiterung hat laut Klinikum mit den Wartezeiten in der Notaufnahme wenig zu tun: Immerhin konnten Betten, die in Stadtlohn mit der Schließung des Krankenhauses abgebaut wurden, in Ahaus noch nicht wieder aufgebaut werden. Dabei geht es um rund 120 Betten. Die Bettenzahl steht mit den Wartezeiten in der Notaufnahme nicht im Zusammenhang, heißt es vom Klinikum.
Positive Auswirkung der Zusammenlegung sei aber der höhere Personalschlüssel. „Zum einen konnten wir dadurch einen deutlich höheren Personalschlüssel erreichen, was sich positiv auf die Qualität der Behandlung auswirkt und auch positiv auf Wartezeiten. Zum anderen steht mit dem ehemaligen Team aus der hochspezialisierten Kardiologie aus Stadtlohn nun ein weiteres hochqualifiziertes Fachgebiet in Ahaus direkt vor Ort zur Verfügung. Kardiologische Notfälle müssten demnach nicht mehr aus Ahaus verlegt werden“, heißt es weiter.
Das bedeute aber eben auch, dass es für weniger dringliche Fälle zu längeren Wartezeiten kommen könne: Beispielsweise habe ein Patient mit akutem Herzinfarkt natürlich Vorrang vor einem mit gebrochenem Arm.
Wie war Ihr Besuch in der Notaufnahme des Ahauser Krankenhauses? Ist es Ihnen ähnlich ergangen wie Hermann Steverding und Sie können uns auch von zu langen Wartezeiten berichten oder wurden Sie zeitnah behandelt?
Ihre Antwort interessiert uns. Schreiben Sie uns einfach eine kurze eMail (bitte auch mit ihren Kontaktdaten) oder schicken Sie uns ein paar Sätze per WhatsApp unter +49 171 833 1734.
Hendrik Wüst lobt: „Josef Terhalle ist ein großes Vorbild für die Menschen in NRW“
Feuer in Wüllen: Drei Löschzüge rücken zu einem Brand auf Bauernhof aus
Romantischer Antrag im Urlaub: Theresa Schlamann und Steffen Naundorf haben Ja gesagt