Eigentlich soll in Ahaus schon Ende des Jahres jeder Verwaltungsakt online möglich sein. Ein Gang ins Rathaus wäre damit eigentlich überflüssig. Doch wie alle anderen Kommunen in Deutschland hinkt die Stadt den Anforderungen des Onlinezugangsgesetzes weit hinterher. Erst 30 Prozent der Prozesse sind überhaupt digitalisiert – also ohne Formulare aus Papier und Stempel – möglich.
Dazu kommen Probleme mit der aktuellen Internetseite. Die wurde zwar zuletzt 2015 von Grund auf neu aufgebaut, seither aber in ihrem Kern kaum aktualisiert.
Es hapert gleich an mehreren Stellen: Sie lässt sich auf unterschiedlichen Geräten mit unterschiedlich großen Bildschirmen nur schlecht anzeigen (Stichwort Responsivität). Sie ist kaum barrierefrei – sowohl was leichte Sprache als auch was Hilfen für Menschen mit Sehbehinderung angeht. Zusätzlich lassen sich neue Funktionen aktuell nur mit Mühe einbinden.
„Und da reden wir noch nicht über Dinge wie Kommunikation, Transaktionen und Bezahlvorgänge oder die Anbindung weiterer Portale“, hatte Thomas Spieker, Chief Digital Officer der Stadt Ahaus, im jüngsten Ausschuss für Digitalisierung erklärt. Auf dem Schreibtisch des „Chefdigitalisierers“ im Rathaus laufen alle Fäden zusammen. Den Plan, die Internetseiten nach ihrem letzten grundlegenden Neustart 2015 aktuell zu überarbeiten, ist nicht neu. Doch jetzt gibt es einen ersten groben Fahrplan.
Einerseits soll erst einmal geprüft werden, welche Funktionen die neue Seite überhaupt benötigt. Andererseits soll eine klarere Trennung zwischen den Inhalten für die touristische Vermarktung und dem reinen Verwaltungsgeschäft geschaffen werden. Zwei unterschiedliche Internetadressen gibt es ja schon: einerseits www.ahaus.app für alle Inhalte rund um Veranstaltungen, Tourismus und Marketing, andererseits www.stadt-ahaus.de für die Kernaufgaben des Rathauses.
Blick aus Bürgersicht fehlt
Ludwig Niestegge (UWG) hakte nach: Das klinge alles ja sehr stimmig. „Aber eben auch sehr allgemein. Wer vertritt die Sicht der Bürger?“, fragte er. Schließlich gehe es um die und deren Ansprüche an eine städtische Internetseite.
Bürgermeisterin Karola Voß antwortete selbstkritisch: Einen Blick aus der Kunden- oder Nutzerperspektive habe die Verwaltung in den vergangenen Jahrzehnten einfach nicht gehabt. „Weil es keine Alternative zur Verwaltung gab“, erklärte sie. Das solle sich nun ändern. Dafür sei auch weitere Bürgerbeteiligung vorgesehen.
Auch solle die neue Internetseite keine statische Entwicklung für die kommenden zehn Jahre werden, sondern sich weiter entwickeln. „Es wird immer Anpassungen geben“, machte sie deutlich.

Im Gespräch mit unserer Redaktion geht Thomas Spieker etwas tiefer ins Detail: Es habe in den vergangenen Jahren schlicht keine Kapazitäten im Rathaus gegeben, um die Internetseite wirklich weiterzuentwickeln. „Natürlich haben wir neue Inhalte online gestellt“, sagt er. Auch Updates für die Sicherheit seien selbstverständlich gelaufen. Doch neue Funktionen? Fehlanzeige.
Und als die aktuelle Seite online ging, hätten Ticketverkauf, Veranstaltungsmarketing oder gar Interaktion mit dem Nutzer schlicht noch keine Rolle gespielt.
Dafür setzt er jetzt auch auf die KAAW – eine Gemeinschaft von 50 Kommunen vor allem aus den Kreisen Borken und Steinfurt, die alle vor dem gleichen Problem stehen und gemeinsam an IT-Lösungen arbeiten.
40.000 Euro sollen ausreichen
„Wir müssen ja nicht alles selbst erfinden“, sagt Thomas Spieker. Er geht fest davon aus, dass sowohl der Kosten- als auch der Zeitrahmen gehalten werden können. 40.000 Euro sind für den Neustart der Internetseiten vorgesehen. „Da werden wir in jedem Fall mit auskommen“, sagt er. Den Neustart fasst er für das dritte oder vierte Quartal 2023 ins Auge. Näher könne er es im Moment noch nicht eingrenzen.
Erste weitere Funktionen sollen allerdings schon vorab in die alte Seitenstruktur eingebunden werden. Das Fernziel – praktisch alle Anliegen, die ein Anwohner mit der Verwaltung klären könnte, digital zu erledigen – wird sich allerdings tatsächlich noch hinziehen. Eigentlich sieht das Onlinezugangsgesetz vor, dass Ende dieses Jahres sämtliche Dienstleistungen einer Verwaltung schon online angeboten werden sollen.
In Ahaus sind jedoch erst gut 30 Prozent der Vorgänge digital abgebildet. „Und damit stehen wir bei den Mittelstädten mit 40.000 Einwohnern an der Spitze“, sagt Thomas Spieker. Das sei der Stadt auch von unabhängiger Seite bestätigt worden. Dennoch ärgert er sich maßlos. Über die schleppende Geschwindigkeit, über die Oberflächlichkeit der Veränderungen und über vertane Chancen.
Lösungen liegen auf der Hand: „Die Software Chayns von Tobit.Software macht vor, wie es funktionieren könnte“, sagt Thomas Spieker. Alles drehe sich um die individuelle Identifikation, die ID, des Nutzers. Wenn der sich zentral und rechtssicher ausweise, könne man darauf aufbauen. Aber der Weg dorthin ist noch weit. Nicht nur für Ahaus, sondern für die deutschen Verwaltungen insgesamt.
„Die digitale Gesetzgebung fehlt einfach auch noch“, macht er deutlich. Eine Bundesangelegenheit. Er hoffe, dass da möglichst schnell Bewegung hineinkomme. Wie schnell das geht, mag er nicht abschätzen.
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