
© Markus Gehring
Immer mehr Prüflinge fallen durch die Führerscheinprüfung
Steigende Durchfallquote beim Führerschein
Immer mehr junge Menschen fallen durch die theoretische und praktische Führerscheinprüfung. Fahrlehrer haben dafür unterschiedliche Erklärungen.
Die Hände schwitzen, die Knie sind zittrig und man denkt schon Tage zuvor an nichts anderes. Wer schon einmal eine Führerscheinprüfung gemacht hat, wird das Gefühl kennen.
Besonders hier im ländlichen Bereich ist ein Alltag ohne Auto für viele undenkbar. Doch in Deutschland steigt die Quote der Fahrschüler, die ihre Prüfungen nicht bestehen, kontinuierlich an.
Die Quote der gescheiterten Praxisprüfungen für Pkw stieg von 29,2 (2008) auf 32 Prozent im Jahr 2019. Bei den theoretischen Prüfungen war es sogar ein Anstieg von 23,3 Prozent (2008) auf 39 Prozent im gleichen Zeitraum. Ein Ahauser Fahrlehrer sieht eine Verbindung zum steigenden Anteil der Fahranwärter mit Migrationshintergrund.
Wer in Deutschland ein Fahrzeug führen möchte, kommt an einer Führerscheinprüfung mit theoretischem und praktischem Teil nicht vorbei. „Gerade im praktischen Teil habe ich das Gefühl, manche ausländische Mitbürger überschätzen sich“, nimmt Franz Niehues, Inhaber der gleichnamigen Fahrschule in Ahaus wahr.
Sie seien sich über die hohen Anforderungen in Deutschland teilweise nicht im Klaren. Der Ausbildungsaufwand sei gestiegen, fasst Franz Niehues zusammen, „aber man kann Schüler an viele Ecken heranführen.“
Fahrschulen profitieren vom Scheitern
Doch ein langer Weg zum Führerschein kostet. Durch viele Fahrstunden und wiederholte Prüfungsgebühren steigt der Preis für den Fahrausweis manchmal auf 6500 Euro, weiß Franz Niehues. „Darüber muss man die Schüler natürlich aufklären“, findet er.
Rainer Zeltwanger, Vorsitzender des Bundesverbandes Deutscher Fahrschulunternehmen, glaubt, dass einige Fahrschulen ihre Schüler absichtlich zu früh zur Prüfung schicken, um von den Mehrkosten, die nach dem Scheitern für den Prüfling entstehen, zu profitieren.
Die Gründe für die höheren Quoten seien aber vielschichtig. „Die Prüfungen sind anspruchsvoller, es gibt mehr Verkehr. In der Theorie gibt es über 1000 Fragen, darauf muss man sich gut vorbereiten, unabhängig vom Herkunftsland“, so Rainer Zeltwanger. Viele Fragen seien außerdem „schwachsinnig und gehören dringend überarbeitet“.
Ausländische Fahranwärter können auch durch die Sprachbarriere einen Nachteil haben. Es ist zwar möglich, die Theorieprüfung beispielsweise auf arabisch oder russisch zu machen, die Unterrichtsstunden und die praktische Prüfung sind allerdings auf deutsch.
Auch auf der Straße gibt es Unterschiede zwischen den Ländern. Und trotzdem: „Es gibt Bundesländer mit sehr wenig Geflüchteten und einer sehr hohen Durchfallquote“, sagt Rainer Zeltwanger, um klarzustellen, dass die Schüler mit Migrationshintergrund kein großer Grund für die Quoten sind.
So gibt es in Sachsen-Anhalt mit 3,9 Prozent zwar einen geringen Ausländeranteil, mit 44,9 (theoretische Prüfung) und 36,4 (praktische Prüfung) Prozent, aber eine sehr hohe Durchfallquote.
Schulstress statt Führerschein
Die Fahrschule Ostendorf bildet in Ahaus schon seit 28 Jahren Fahrschüler aus. Karin Ostendorf fällt seit einigen Jahren ein neues Problem auf. „Schüler beginnen heute sehr jung, teilweise mit sechzehneinhalb Jahren, mit dem Führerschein. Viele sind überfordert, weniger belastbar und weniger selbstständig.“
Sie machen ihr Abitur in zwölf Jahren, haben Schule bis spät nachmittags und dann noch Hausaufgaben.
„Da fällt es schwer, sich in der Fahrstunde zu konzentrieren, weil sie Abitur und Führerschein gleichzeitig machen müssen“, meint Karin Ostendorf. Sie findet deshalb: „Wenn die Schulen vom G8 runter gingen, hieße das mehr Zeit und weniger Druck für die Schüler.“
Rainer Zeltwanger meint, die hohen Durchfallquoten sind zwar „bedauerlich, aber nicht dramatisch“. Die Fahrschulen könnten ihre Schüler vorm Durchfallen bewahren, wenn sie durch Tests den Wissensstand vor einer Theorieprüfung überprüfen.
In seiner Fahrschule würde dabei ein Ampelsystem helfen. Nur wessen Ampel grünes Licht gibt, darf zur Prüfung. Das ließ die Bestehensquote auf gut 90 Prozent steigen.