Inhaber Peter Geusendam und Küchenchefin Tina Elsbernd-Straube wollen zeigen, dass man auch ohne Zwiebelfleisch und Herrencreme westfälisch genießen kann.

© Victoria Garwer

Westfälisch genießen geht auch ohne Zwiebelfleisch und Herrencreme

rnLand- und Golfhotel

Das Ahauser Land- und Golfhotel hat ein Gütesiegel für seine westfälische, regionale Küche bekommen. Ein Fünf-Gänge-Menü zeigt, wie das kreativ, leicht und modern funktioniert.

Alstätte

, 13.10.2021, 17:30 Uhr / Lesedauer: 3 min

Westfälisch genießen, das klingt nach Zwiebelfleisch, Speckbohnen und Herrencreme. Doch es geht auch ganz anders. Das Land- und Golfhotel in Alstätte nimmt traditionelle Rezepte und regionale Lebensmittel und macht daraus ein hochwertiges und kreatives Menü.

Genau dafür hat es jetzt das Gütesiegel „Westfälisch genießen“ bekommen. Bei der Verleihung am Dienstagabend zeigte Küchenchefin Tina Elsbernd-Straube eindrucksvoll, was diese Philosophie auf dem Teller bedeutet. Den circa 35 geladenen Gästen tischte sie ein Fünf-Gänge-Menü auf, das für einige geschmackliche Überraschungen sorgte.

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Nach der klassischen Brot-Auswahl mit Schmalz und Kräuterbutter kam ein Gruß aus der Küche an die Tische. Der Teller erinnerte optisch eher an einen Nachtisch. Umso unerwarteter war das Geschmackserlebnis beim ersten Bissen. Denn die helle Mousse schmeckte nach deftigem luftgetrockneten Kernschinken.

Optisch sieht der Gruß aus der Küche aus wie ein Dessert. Es handelt sich jedoch um eine deftige Mousse vom luftgetrockneten Kernschinken.

Optisch sieht der Gruß aus der Küche aus wie ein Dessert. Es handelt sich jedoch um eine deftige Mousse vom luftgetrockneten Kernschinken. © Victoria Garwer

„Den Geschmack von Schinken kennt jeder. Das hier ist der Versuch, mit genau diesem Geschmack zu überraschen“, erklärte Tina Elsbernd-Straube das Gericht. Dazu lege sie den Schinken in Sahne ein, sodass diese die Aromen übernimmt. Die Sahne wird schließlich zu einer luftigen Mousse verarbeitet.

Bekannte Lebensmittel kreativ verarbeitet

Weiter ging es mit einem Buchweizen-Risotto mit pochiertem Vredener Wachtelei, Feldsalat und Kürbisstreifen. „Buchweizen kenne ich sonst nur im Pfannkuchen“, sagte ein Gast und erntete allgemeine Zustimmung. Die Küchenchefin hatte das Getreide in diesem Fall aber zu einem groben Risotto verarbeitet. Lecker und ungewöhnlich.

Aus Buchweizen zauberte Tina Elsbernd-Straube ein grobes Risotto. Dazu gab es Feldsalat und Kürbis.

Aus Buchweizen zauberte Tina Elsbernd-Straube ein grobes Risotto. Dazu gab es Feldsalat und Kürbis. © Victoria Garwer

Als nächsten Gang brachten die Kellner ein Schaumsüppchen von Schwarzwurzel und Grieben an die Tische. Schwarzwurzel ist wohl eher ein unmodernes Gemüse. Früher, in der Generation der heutigen Großeltern, war sie aber noch sehr verbreitet. Im Land- und Golfhotel holen die Köche die Schwarzwurzel in die heutige Zeit.

Als Zwischengang gab es ein Schaumsüppchen von Schwarzwurzel und Grieben.

Als Zwischengang gab es ein Schaumsüppchen von Schwarzwurzel und Grieben. © Victoria Garwer

Die cremige Suppe war genau richtig abgeschmeckt. Die in der westfälischen Küche bekannten Grieben waren eine perfekte Ergänzung. Dabei handelt es sich übrigens um in heißem Fett ausgelassene Speckwürfel.

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Deftig wurde es beim folgenden Hauptgang: Tranchen vom Münsterländer Kalbsfilet in Herbstkräutern, dazu Potthucke, glacierte Möhrchen und eine Landbierjus. „Potthucke ist klassisch westfälisch, das ist ein ganz altes Rezept“, sagt Tina Elsbernd-Straube. Verbreitet ist dieses Kartoffelgericht vor allem im Sauerland. Dafür werden gekochte und rohe geriebene Kartoffeln miteinander vermengt und dann im Ofen ausgebacken.

Der Hauptgang bestand aus Tranchen vom Münsterländer Kalbsfilet, Potthucke und glacierten Möhrchen.

Der Hauptgang bestand aus Tranchen vom Münsterländer Kalbsfilet, Potthucke und glacierten Möhrchen. © Victoria Garwer

Das Kalbsfilet war unglaublich zart und noch schön rosa von innen. Die Landbierjus brachte einen kräftigen Geschmack mit ins Spiel. Ein luftiges Plätzchen aus Parmesan sorgte für einen optischen Hingucker auf dem Teller.

Welfencreme statt Herrencreme zum Nachtisch

Nach so einem westfälischen Menü folgt in der Regel eine Herrencreme als Nachtisch. Doch Tina Elsbernd-Straube setzte hier auf einen anderen alten Klassiker: Welfencreme. Diese besteht aus einer weißen Puddingcreme und einer gelben Weinschaumsoße.

Eine klassische Welfencreme hatte die Küchenchefin als Tarte angerichtet.

Eine klassische Welfencreme hatte die Küchenchefin als Tarte angerichtet. © Victoria Garwer

In der klassischen Variante werden die beiden Cremes in einem Glas übereinander geschichtet. In diesem Fall hat die Küchenchefin die Welfencreme auf einem dünnen Teig als Tarte angerichtet. „So wird das alte Rezept modern“, sagte sie. Dazu gab es Brombeeren und Johannisbeeren.

Nach fünf Gängen waren die Gäste zwar satt, aber nicht vollgefressen. „Westfälisches Essen muss nicht immer deftig sein und schwer im Magen liegen“, sagte Tina Elsbernd-Straube. Es gehe auch modern, leicht und kreativ.

Für das Menü hat sie vor allem regionale Lebensmittel genutzt. „Die Kartoffeln kommen hier aus der Ecke, die Wachteleier aus Vreden, das Kalb aus dem Münsterland“, sagte die Küchenchefin. Auch auf der normalen Speisekarte des Restaurants finde sich immer eine ganze Seite mit rein regionalen Gerichten.

Gütesiegel für hochwertige regionale Küche

Der Verein „Westfälisch Genießen“ hat sich genau auf diese Idee spezialisiert. „Heute ist Regionalität ein Trend, aber als wir vor 30 Jahren angefangen haben, haben wir Pionierarbeit geleistet“, sagte Vereins-Geschäftsführer Friedrich Wilhelm Krüger. Und: „Der Verein steht laut Internetseite „für ein saisonales Angebot, heimische Produkte und den Respekt vor Bewährtem, aber auch für den Mut, neue Wege zu gehen“.

Ausgezeichnet werden Restaurants, die diese Werte vertreten und mit hochwertiger Küche die Jury überzeugen. „Alles jenseits von Pommes, Schnitzel und Brokkoli mit Mandelsplittern“, so Friedrich Wilhelm Krüger.

Das Essen im Land- und Golfhotel hat offenbar den Ansprüchen genügt. Das Gütesiegel wurde nach dem Menü am Dienstagabend übergeben. „Es wird verliehen. Das heißt, dass wir es auch wieder entziehen können“, machte Friedrich Wilhelm Krüger ganz deutlich.

Als Träger des Gütesiegels gehört das Land- und Golfhotel nun zu einer Gemeinschaft von 26 gastronomischen Betrieben, die regelmäßig gemeinsam Veranstaltungen rund um die regionale Küche organisieren.