Ex-Betriebsrat trommelt Hülsta-Belegschaft zusammen Manfred Grabner plant Kollegen-Treffen

Treffen in Doemern: Ex-Betriebsrat trommelt Hülsta-Belegschaft zusammen
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„In Erinnerung an Herrn Karl Hüls. Gerne erinnern wir uns an die Arbeitsjahre bei der Firma Hülsta“ – aus vielen Muttern hat Manfred Grabner diesen Schriftzug auf einer Holzplatte an sein Haus in Ahaus gehängt. Kein Nachruf oder Denkmal. Sondern genau genommen eine Einladung.

Eine Einladung an alle ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtlohner Unternehmens, das in diesem Frühsommer endgültig den Betrieb eingestellt hat.

Von 1975 bis 1999 hat Manfred Grabner bei Hülsta in Ottenstein gearbeitet. Die Lohnarbechnungen hat er aufgehoben. Viel Arbeit im Akkord sei das damals gewesen. Aber gut bezahlte. "Dank Hülsta konnte ich mir mein Haus leisten", sagt der 70-Jährige Tischlermeister und Betriebswirt.
Von 1975 bis 1999 hat Manfred Grabner bei Hülsta in Ottenstein gearbeitet. Die Lohnabrechnungen hat er aufgehoben. Viel Arbeit im Akkord sei das damals gewesen. Aber gut bezahlte. „Dank Hülsta konnte ich mir mein Haus leisten“, sagt der 70-jährige Tischlermeister und Betriebswirt. © Stephan Rape

Manfred Grabner möchte sich mit ihnen in der Schützenhalle in Doemern treffen. Um gemeinsam in Erinnerungen zu schwelgen, sich auszutauschen und enger zu vernetzen. 40 oder 50 Kollegen wüssten wohl schon Bescheid, sagt er. Den Rest möchte er auch noch irgendwie erreichen. Und wenn es eben durch das Schild an seiner Fassade in der ruhigen Ahauser Wohnstraße ist.

Für den Tischlermeister und Betriebswirt ist die gesamte Pleite und der langsame Niedergang des Unternehmens Hülsta immer noch schwer zu ertragen. „Ich habe nie verstanden, wie so eine Firma immer kleiner werden kann“, sagt Manfred Grabner. Der 70-Jährige war 23 Jahre bei Hülsta beschäftigt. „Von 1975 bis 1999“, sagt er. Schon zum Jahrtausendwechsel habe es eine Kündigungswelle gegeben. Das Unternehmen bot Abfindungen an. Manfred Grabner schlug ein, nahm das Geld mit und suchte sich eine neue Stelle. Er ging ohne Groll. Das sei eben eine notwendige Entscheidung gewesen. Auch heute noch würden ein Großteil der Belegschaft über die Firma nicht schimpfen.

Gespräche mit Karl Hüls

Und er blieb dem Unternehmen und seinen ehemaligen Kollegen verbunden: „Ich habe im Werk in Ottenstein gearbeitet“, sagt er, „war dort neun Jahre im Betriebsrat.“ Er habe die einfache Sprache der Arbeitnehmer gesprochen, sich aber gleichzeitig mit Karl Hüls auf Augenhöhe unterhalten können. „Der kam damals regelmäßig durch die Hallen und hat sich mit uns unterhalten“, sagt er.

Teilweise so lang, dass es Manfred Grabner direkt in Schwierigkeiten brachte: „Wir haben ja im Akkord gearbeitet. Die Zeiten, in denen ich mich unterhalten habe, musste ich aufschreiben“, erinnert er sich und muss grinsen. Ein paar Mal habe er das Gespräch mit dem Chef tatsächlich abwürgen müssen. „Herr Hüls, ich muss jetzt wirklich weitermachen“, habe er damals gesagt. Der sei dann lächelnd und nickend weitergegangen.

Hülstas Schicksal sei extrem eng mit diesem Vorzeigeunternehmer verbunden gewesen. „Jedes Mal, wenn ich später in die Ausstellung gegangen bin, habe ich seiner Büste über die Wange gestrichen“, sagt er und schmunzelt. Alles stand und fiel mit Karl Hüls.

Erinnerung an Versammlung

Da verfinstert sich Manfred Grabners Miene für einen Moment: Bei einer Betriebsversammlung, in der es um die Zukunft des Unternehmens ging, sei er einmal aufgestanden: „Vor versammelter Mannschaft habe ich gefragt: ‚Herr Hüls, wie sieht das mal aus, wenn Sie nicht mehr da sind.‘ Ich habe mich nie gescheut, den Mund aufzumachen“, erinnert sich der Ahauser. Damals habe Karl Hüls noch beruhigt, dass es für alle Fragen Antworten gebe und die Zukunft sicher sei.

Das Gegenteil sei der Fall gewesen. Nach Karl Hüls‘ Tod 2001 sei es ja noch eine Weile weitergegangen. „Aber schon da hat man gemerkt, dass einfach keine Struktur mehr drin war. Spätestens ab 2014 ist dann alles auseinander gedriftet“, sagt er. Wenn er heute die Hallen in Ottenstein sieht, sei der Niedergang nur schwer zu ertragen. „Das tut richtig weh“, sagt er.

Hülsta hat viel ermöglicht

Hülsta habe ihm damals viel ermöglicht. „Nur dadurch konnte ich mir mein Haus leisten“, sagt er und blickt sich an der Schlosstraße um. Viel hat der Tischlermeister hier selbst aus- und angebaut. Vieles aus der Hülsta-Zeit steht dort auch heute noch in einer Mischung aus kreativem Chaos und penibler Ordnung. „Das hier war Hülsta. Daran habe ich jahrelang gearbeitet“, sagt er und deutet auf eine verglaste Holztür. Die Verklebung sei das Geheimnis gewesen. Mit Leidenschaft spricht er über die Arbeit bei Hülsta. Über den Zusammenhalt oder den Arbeitsalltag. „Meine Arbeit war und ist mein Hobby“, sagt er.

Auch heute noch arbeitet er: Allerdings nur noch geringfügig beschäftigt. Bei einem Vredener Unternehmen. Komplett könne er die Hände noch nicht in den Schoß legen.

Am Donnerstag, 17. Oktober, will er möglichst viele ehemalige Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zusammentrommeln. Ohne besonderen Rahmen oder Programm. „Einfach ein nettes Beisammensein“, sagt er. Einen Mittagsimbiss soll es geben. Kaffee und Kuchen auch. Ansonsten will er es möglichst einfach halten: „Wer kommt, kommt“, sagt er. Eine Anmeldung sei nicht notwendig.

Um 12 Uhr soll es an der Schützenhalle Doemern losgehen. Bis 20 Uhr soll das Treffen dauern. Manfred Grabner will dort die gesamte Geschichte des Unternehmens zeigen. Dafür hat er alte Zeitungs- und Katalogausschnitte, alte Möbel und Holzproben und viele andere Erinnerungsstücke gesammelt. Als eine Art kleine Ausstellung oder Rundgang möchte er die präsentieren. Das Treffen der Kollegen soll aber im Mittelpunkt stehen.

Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 12. Oktober 2024.