Seit drei Tagen steht Gerd Lautenschlager am Mittwoch, 18. September, wieder im Geschäft. Nicht in seinem eigenen, aber einem Spezialitätengeschäft in der Ahauser Innenstadt. Nach fast zwei Jahren ist er zurück am Verkaufstresen. Als Store-Manager der Heimat-Heroes. Als Angestellter der drei Geschäftsführer Björn Bochinski, Frank Wigger und Friedhelm Egbert.
„Schön, dass Sie wieder da sind“, ruft ihm eine Kundin am Mittwochmorgen schon von der Ladentür aus zu. Sie fällt ihm fast in die Arme vor Freude. Ein wenig Bruschetta wolle sie kaufen. Das mit den Steinpilzen. Gerd Lautenschlager lächelt und stürzt sich ins Verkaufsgespräch. „Das hat mir schon mehr gefehlt, als ich gedacht habe“, sagt er kurze Zeit später. Das Beraten, die Empfehlungen. „Ich habe immer gesagt, dass Essen und Trinken ein Stück Lebensfreude bedeuten. Und die zu vermitteln, macht einfach Spaß“, schwärmt er.

Gerd Lautenschlagers Abgang von der Ahauser Bühne hatte Ende 2022 für einiges Aufsehen gesorgt: Von einem Tag auf den anderen war seine Ladentür an der Wallstraße plötzlich verschlossen. Gerd Lautenschlager selbst verschwand wie bei Nacht und Nebel. Auf E-Mails oder Anrufe reagierte er nicht mehr. Auch an seiner Privatadresse war er nicht zu erreichen. Einen Großteil der Ladeneinrichtung ließ er im Ladenlokal stehen.
Im Nachhinein ist ihm das sichtbar unangenehm. Nein, das sei nicht richtig gewesen. In keinem Fall sei das alles damals aus bösem Willen geschehen. „Ich hatte das Geschäft ja schon so geplant, dass es bis zur Rente reicht“, sagt der heute 63-Jährige. 19 Jahre hat er es dort geführt. Doch es reichte nicht.
Hälfte der Umsätze brach weg
Mit Ausbruch der Pandemie sei ihm damals mehr als die Hälfte aller Umsätze weggebrochen. Weil es keine Feiern mehr gab, wurden keine Präsente mehr gekauft. Verkostungen habe er genauso wenig anbieten können. „Zum Weihnachtsgeschäft wurde es noch einmal etwas besser“, erinnert er sich. Unter dem Strich habe es aber hinten und vorne nicht gereicht. 2022 habe sich das Ende dann abgezeichnet. Genau in dem Moment habe er dann auch noch gesundheitliche Probleme bekommen. Wie eine Welle seien die Probleme damals über seinem Kopf zusammengeschlagen.
Unter die alte Firmengeschichte hat er einen Schlussstrich gezogen. Auch ins Private will er sich nicht zu tief blicken lassen. Stattdessen setzt er noch einmal auf den Neustart. Nicht mehr unter eigenem Namen, sondern als Shop-Manager. Als Angestellter.
Konzept wie in Münster passt nicht
Die Betreiber, wie er selbst aus Schöppingen, hatten sich mit der Idee an ihn gewandt. „Ich habe mir den Laden in Münster angesehen“, sagt er. So wie das Geschäft dort aufgestellt ist, hätte es nicht nach Ahaus gepasst. Da ist er sich sicher. „Wir brauchen hier ein breiteres Programm“, sagt er und deutet in die Regale. Da habe er mit seinem Produkt- und Lieferantenwissen das Angebot ergänzt. Er kennt eben das Ahauser Publikum.
Er sei mit einiger Aufregung und Anspannung zurück nach Ahaus gekommen. „Ich war einfach unsicher, wie die Menschen reagieren würden“, erklärt er. Gedanken, die er sich am Ende anscheinend umsonst gemacht hat.
„Natürlich wird es auch Menschen geben, die mir nicht so wohlgesonnen sind“, gibt er zu. Aber bisher seien die Resonanzen sehr positiv: Wie zum Beweis kommen die nächsten Kunden in den Laden. „Als Sie geschlossen hatten, fehlte einfach etwas in Ahaus“, sagt eine Frau, die auf der Suche nach einem Mitbringsel für einen 75. Geburtstag ist. „Ihre tolle Beratung habe ich vermisst“, fügt sie noch hinzu, als sie die kleine Packung besonderer Schokolade schließlich in die Tasche packt. Sie will auf jeden Fall wieder kommen. Und dann vielleicht sogar eines der Tastings – einen Verkostungsabend – ausprobieren. Darauf setzen die Heimat-Heroes ja in größerem Maßstab.
Natürlich sei das alles etwas anderes, als in seinem eigenen Laden. Dahinter stehe ja auch eine andere Firmenphilosophie. So gibt es bei den Heimat-Heroes beispielsweise keine Folie als Geschenkverpackung. „Firmenphilosophie. Aus Umweltschutzgründen“, erklärt Gerd Lautenschlager einem Kunden. Der nickt. „Ist ja eigentlich auch richtig“, murmelt der vor sich hin, als er eine Flasche Likör bezahlt. Das geht bei den Heimat-Heroes übrigens nur mit EC-Karte. Auch wieder Firmenphilosophie. „Macht einiges einfacher, auch wenn ich selbst gerne mit Bargeld zahle“, erklärt Gerd Lautenschlager. Nicht seine Entscheidung. Aber auch damit kommt er klar. „Natürlich ist das anders als früher“, sagt er. Aber das störe ihn nicht.
Auf die neue Rolle von Gerd Lautenschlager wies am Dienstagabend (17. September) auch die Ahauser Wirtschaftsförderin Katrin Damme im Ausschuss für Wirtschaft, Digitalisierung und Energie ausdrücklich hin. Offenbar gebe es da noch eine ganze Reihe von Gerüchten, die in Ahaus die Runde machten. Kaufmännisch trage Gerd Lautenschlager in dem neuen Geschäft keine Verantwortung. „Die liegt bei den drei Geschäftsführern“, machte sie deutlich. Die Stadt unterstützt die Ansiedlung der Heimat-Heroes am Markt 12.
Hinweis der Redaktion: Dieser Artikel erschien ursprünglich am 18. September 2024.