Holiday sieht nicht gut aus. Die mittlerweile 27-jährige Welsh-Pony-Stute ist abgemagert. Rippen und Hüftknochen sind schon von weitem zu sehen. Holiday trägt einen Eimer vor der Schnauze. Damit sie frisst und damit ihr die anderen MItglieder der kleinen Herde das Futter nicht wegschnappen.
Mit ihren fortgeschrittenen 27 Jahren leidet Holiday an einer schweren Stoffwechsel-Erkrankung. Seit Jahren benötigt sie hochspezielles Futter. „Aber es geht ihr gut“, sagt Kirsten Remmers-Boruzki. Sie gibt Tieren auf ihrem Hof im Beßlinghook ein letztes Zuhause.

In der kleinen Herde auf dem Hof lebe die Stute zufrieden und könne sich auch noch behaupten, wenn es mal zu Konflikten komme. Ihr Leben zu beenden, komme aktuell überhaupt nicht in Frage. „Sie leidet nicht“, erklärt die Betreiberin des Gnadenhofes direkt an der deutsch-niederländischen Grenze. Und sie habe ein schönes Zuhause. So wie es eben nur auf einem Gnadenhof gehe.
Mit Holiday leben aktuell ihr Sohn Sindbad (auch er ist schon 23), drei weitere Pferde und Ponys, zwei große Kangal-Hunde, zwei Schafe, zwei Gänse, vier Enten und drei Hühner auf dem Hof vor den Toren von Alstätte.
Tierpflege wird aufwendiger
Die Tiere werden natürlich alle älter. Und damit pflegeintensiver. Das koste einfach mehr Zeit. „Früher reichte es aus, wenn ich alle zwei Wochen Futter besorgt habe“, erklärt sie. Heute müsse sie wöchentlich unterschiedliche Futtersorten holen.
Gleichzeitig sind die Kosten allgemein gestiegen: „Einen großen Rundballen Heu habe ich noch vor wenigen Jahren für 55 Euro bekommen“, sagt Kirsten Remmers-Boruzki. Heute schlage der mit 75 Euro zu Buche. „Und von den Tierarztkosten fange ich lieber gar nicht erst an“, fügt sie noch hinzu. Für sie ist es aber überhaupt keine Frage, dass sie den Gnadenhof weiterführt. Auch sollen alle Tiere, die dort im Beßlinghook leben, die beste Versorgung bekommen. „Egal, ob es um die Hühner oder die Pferde geht“, sagt sie.
Auch deswegen kommt eine Erweiterung erst einmal nicht in Frage. „Wir müssen jetzt über jedes Einzelschicksal beraten“, erklärt Julia Schmidt. Sie ist die Vorsitzende des Trägervereins Pferdehof-Ahaus. Und gleichzeitig eine der Helferinnen, die sich mit um die Tiere vor Ort kümmert. Für den Fall, dass jetzt ein neues Tier aufgenommen werden müsste, gehe es nicht mehr nur um die Frage, ob das neue Tier in die Herde passe.
„Wir müssen uns auch fragen, ob wir es noch versorgen können“, sagt Kirsten Remmers-Boruzki. Schon so ordnet sie ihren gesamten Alltag den Tieren unter: „Ich bin voll berufstätig“, sagt die Angestellte eines Dentallabors. Ihr Tag beginne um 5 Uhr. Als erstes versorge sie dann die Tiere. Nach Feierabend geht es noch einmal in den Stall. „Abends bis teilweise 20.30 Uhr oder auch mal später“, sagt sie. Arbeit, die sie liebend gerne mache, die aber eben auch extrem fordere. Solange sie es irgendwie schaffe, werde sie die Arbeit weitermachen. „Ich freue mich einfach, wenn es den Tieren gut geht“, sagt sie.
Das sei deswegen auch kein Stress für sie: „Ich genieße die Zeit mit den Tieren“, erklärt sie. Auch Urlaubsreisen brauche sie deswegen nicht. Im Gegenteil: „Das hier ist mein Urlaub“, erklärt sie und deutet auf den Paddock neben dem Wohnhaus und die Wiesen dahinter.
Gerade jetzt im Sommer sei überhaupt kein Platz für negative Gedanken. Im Winter, bei Eis, Schnee, kaltem Wind und Dunkelheit gebe es natürlich schon mal anstrengendere Tage. „Aber nie so sehr, dass ich aufgeben möchte“, erklärt die 54-Jährige.
Wenige Helfer unterstützen
Das sei sie den Tieren, aber auch den Helfern schuldig. Dabei kann sie gerade die Helfer an höchstens zwei Händen abzählen. Eine Frau, die ihr eigenes Pferd in einer Box auf dem Hof stehen hat, kommt einmal pro Woche. Eine weitere Bekannte und eine Freundin helfen ebenfalls einmal pro Woche.
Die Vereinsvorsitzende Julia Schmidt ist natürlich regelmäßig vor Ort. Eine Bekannte hilft alle drei Wochen und ein befreundetes Ehepaar kann bei handwerklichen Dingen helfen. Auch im Schnitt einmal pro Woche.
„Vor Corona hatten wir ein paar mehr Helfer hier“, sagt Kirsten Remmers-Boruzki. Aber einige seien weggezogen oder hätten jetzt andere Interessen. Erzwingen könne man das ja nicht. Gleichzeitig will sie den Verein, der hinter dem Gnadenhof steht, auch gar nicht zu groß werden lassen: Natürlich sei jede Hilfe willkommen. Aber es sollen eben auch nicht zu viele Externe Mitspracherecht bekommen. Sie nennt ein Beispiel: „Wenn ein Vereinsmitglied zwar spendet, aber nie vor Ort ist und dann darüber mitentscheiden will, ob wir neue Tiere aufnehmen oder wie wir mit den Tieren umgehen“, sagt sie.
Was die Spenden angehe, könne sie sich eigentlich nicht beschweren. Natürlich wäre ein bisschen mehr nie schlecht. „Aber wir haben einen Kreis regelmäßiger Spender, die auch schon einmal größere Summen spenden“, sagt sie. Viel wichtiger sei ihr, dass sich mehr Helfer einfinden.
Verein hofft auf Unterstützer
Interessierte, die den Pferdehof Ahaus unterstützen wollen, können sich direkt an Kirsten Remmers-Boruzki (Tel. 02567/1853; Anrufbeantworter) wenden. Weitere Informationen gibt es auch unter www.pferdehof-ahaus.com