Kurz vor den Sommerferien bestätigt die Bezirksregierung Münster, dass aus dem gesamten Kreis Borken 35 Grundschullehrerinnen und Grundschullehrer ins Ruhrgebiert abgeordnet werden sollen. Welche Schulen und Städte es genau betrifft, möchten sie allerdings nicht verraten. „Um die Persönlichkeitsrechte aller Lehrkräfte zu wahren, werden wir die Zahlen nicht detaillierter als auf Ebene der Kreise rausgeben“, sagt Celina Ungruhe von der Pressestelle der Bezirksregierung.
Beginnen sollen die Abordnungen im kommenden Schuljahr und gelten für ein Jahr. Danach sollen die Lehrkräfte wieder an ihre Schulen zurückkehren können. „Es gibt sowohl Lehrkräfte, die sich freiwillig für eine Abordnung gemeldet haben, als auch Lehrkräfte, die aus dienstlichen Gründen abgeordnet werden“, erklärt Ungruhe. Die Kriterien für die Auswahl der Lehrkräfte lege hingegen das Schulamt fest.
Jede Ahauser Schule ist beteiligt
Die Redaktion hat versucht, Genaueres über die Situation an den Ahauser Schulen zu erfahren, lief aber bei der Bezirksregierung demnach ins Leere. Eine Anfrage bei einer Grundschulleiterin in Ahaus führt ebenfalls nicht weiter, da die Grundschulen dazu angehalten sind, alle Presseanfragen an die Bezirksregierung weiterzuleiten.
Selbst das Schulamt des Kreises darf keine Auskunft geben.
Lediglich Werner Leuker, Beigeordneter der Stadt Ahaus und Zuständiger für den Fachbereich Schule, lässt einen kleinen Funken Information erhaschen. Bei der Frage nach den Ahauser Schulen sagt er: „Jede Schule ist zumindest irgendwie beteiligt.“
Es lässt also vermuten, dass die Auswirkungen der Abordnungen auch in Ahaus zu spüren sein werden. „Ich kann die Entscheidung nicht beeinflussen. Ich bin machtlos“, erläutert Leuker. Lediglich die Bezirksregierung und in Teilen das Schulamt sind an Personalangelegenheiten an den Schulen beteiligt.
Die Situation an den Grundschulen schätzt er schon jetzt als ausbaufähig ein. „Die Lehrerversorgung ist nicht optimal und auch bei uns verbesserungswürdig. Ich weiß aber, dass die Versorgungsquote im Ruhrgebiet schlechter ist.“

Werner Leuker ergänzt, dass die Abordnungen keine Einzelfälle sind, sondern im größeren Stil geschehen. „Sofern die Schulen betroffen sind, tut es mir um alle Schulen leid. Ich will nicht verhehlen, dass es mich nicht glücklich stimmt“, führt er aus.
Lehrer haben keine Wahl
An einigen Stellen gibt es bereits genauere Zahlen. So gibt es an der Cordulaschule in Gemen eine Protestaktion der Schülerinnen und Schüler. In Ramsdorf sollen drei Lehrer im neuen Schuljahr im Ruhrgebiet unterrichten. Dort stehen die Kinder am Dienstag (20. Juni) mit Plakaten vor der Schule, auf denen zu lesen ist „Ständiger Lehrerwechsel ist doof!“ oder „Verlassen werden tut weh“.
Die Redaktion erreichte ein Schreiben von zwei Lehrerinnen. Sie möchten anonym bleiben weil sie dienstrechtliche Konsequenzen fürchten. „Beamtete Lehrer dürfen sich nicht öffentlich gegen ihren Dienstherrn auflehnen. Sie dürfen zum Beispiel auch nicht streiken“, schreiben sie.
Im Diensteid nach Landesbeamtengesetz NRW §46 müssen alle Beamtinnen und Beamten einen Diensteid leisten, der enthält, dass Pflichten und Gesetzen Folge geleistet werden muss. Eine Wahl, sich gegen die Entscheidung des Schulamts und der Bezirksregierung zu widersetzen, haben die Lehrkräfte daher nicht.
Die Situation ist demnach undurchsichtig. Stellen, die etwas wissen, dürfen entweder nicht sprechen oder wollen keine Informationen herausgeben. Wie die Situation an den Ahauser Schulen im neuen Schuljahr aussieht, bleibt demnach weiterhin ein Geheimnis.