Frühe Hilfe ist in Ahaus schlecht vernetzt Jugendamts-Leiterin nennt Umgang „stiefmütterlich“

Frühe Hilfe in Ahaus: Jugendamts-Leiterin nennt Umgang „stiefmütterlich“
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Sogenannte „Frühe Hilfen“ sollen bei Problemen in Familien möglichst schnell Beratung oder Unterstützung bieten. So sollen noch größere Probleme verhindert werden. Etwa die Unterbringung von Kindern in einer stationären Einrichtung oder die Inobhutnahme.

Frühe Hilfen seien nicht nur pädagogisch, sondern auch finanziell sinnvoll. Denn: Je später gehandelt wird, desto intensiver und teurer sind in der Regel die Hilfen. Das werde schon beim Blick auf die Tagessätze deutlich, hatte Marina Bänke, Leiterin des Fachbereichs Jugend am Donnerstag (13. März) in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses deutlich gemacht.

Ein Mann hält ein Kind am Arm fest. Es ist ein gestelltes Symbolbild
Kommt es zu Gewalt in einer Familie, sind Probleme schon eskaliert. Dagegen sollen Frühe Hilfen rechtzeitig eine Lösung sein. Doch die sollen in Ahaus auf neue Beine gestellt werden, weil es bisher an der Vernetzung fehlen soll. © picture alliance/dpa

Dazu komme, dass es gerade aus pädagogischer Sicht oft nur noch um Schadensbegrenzung gehe, wenn zu spät gehandelt werde. „Vor allem Kinder zahlen dann einen zu hohen Preis für zu spätes Handeln und sind für ihr restliches Leben geprägt“, erklärte sie. Politik und Verwaltung haben sich den Ausbau der Frühen Hilfen für dieses Haushaltsjahr auf die Fahnen geschrieben.

„Wir brauchen die stationären Einrichtungen. Das ist keine Frage“, sagte Marina Bänke. „Aber wir müssen frühzeitiger präventiv handeln. Sonst wird das ein Fass ohne Boden.“

Analyse wirft kein gutes Bild

Sie räumte ganz offen ein: „Diese erste Analyse wirft kein gutes Bild. Der Bereich wurde bisher eher stiefmütterlich behandelt.“ Natürlich sei das eine harte Aussage für ihren eigenen Bereich. Aber sie wolle da ganz ehrlich sein: „Wollen wir gute Arbeit für die Familien in der Stadt leisten oder wollen wir besonders gut dastehen?“, machte sie deutlich. So, wie sie aktuell angelegt seien, würden die einzelnen Hilfsangebote nicht ihre volle Wirkung entfalten.

Es gebe in der Stadt ja viel Potenzial. „Und das ist ja eine gute Nachricht“, sagte sie. Doch jedes Angebot arbeite aktuell für sich allein, sei eben nicht vernetzt. „Wir brauchen ein gesamtes Netzwerk für die Frühen Hilfen“, machte sie deutlich.

Deutliche Kritik von den Politikern

Einigen Mitgliedern im Jugendhilfeausschuss stieß das sauer auf: Allen voran Dr. Benedikt Methling (Grüne), Gerrit Messelink (UWG) und Bernd Langhorst vom Paritätischen Wohlfahrtverband. „Es liegt ja nichts am Boden“, betonte Dr. Benedikt Methling. Es gebe viele Akteure in der Stadt, und viele Dinge bei den Frühen Hilfen würden sehr gut laufen. „Ich mache mir einfach Sorgen, dass das ein organisatorischer Moloch wird“, erklärte er weiter. Dass immer wieder alles neu organisiert und besprochen werde, man aber nicht ins Tun komme. Sehr wohl wüssten die Akteure vor Ort, wo es welche Ansprechpartner gebe.

Marina Bänke hielt dagegen, dass das alles nur subjektives Empfinden sei und extrem von einzelnen Personen abhänge. Eine Systematik gebe es nicht. Und eben genau diese Vernetzung und ein objektives Konzept fehlen bisher komplett.

UWG: „Nicht noch mehr Verwaltung“

Gerrit Messelink (UWG) warnte eindringlich vor noch mehr Verwaltung. „Wir sollten in den Kreis oder die umliegenden Kommunen blicken, wie es dort läuft“, machte er deutlich. Dort werde genau so gearbeitet. „Es geht auch nicht darum, neue Stellen zu schaffen“, machte Marina Bänke deutlich. Die Analyse soll von bestehendem Personal gemacht werden.

Auch Bernd Langhorst mochte sich mit der ersten Analyse so nicht anfreunden. „Es geht mir zu sehr um Einsparung“, betonte er. Und auf keinen Fall brauche man immer mehr stationäre Hilfen. Es müsse ja eher darum gehen, die abzubauen. Für ihn blieb die Zielrichtung der Idee zu unklar.

Bürgermeisterin Karola Voß setzte in der Diskussion schließlich den Schlusspunkt: Es gehe ja jetzt erst einmal um eine Bestandsaufnahme und eine Bewertung. Die soll im Oktober in der Sitzung des Jugendhilfeausschusses vorgestellt werden. Dem konnte der Ausschuss erst einmal zustimmen.