Ein 44-jähriger Mann aus Ahaus soll einer 32-jährigen Ahauserin über Monate zigfach aufdringlich hinterhergelaufen sein. Zwei- bis dreimal pro Woche soll er ihr auf dem Weg von der Arbeit zu ihrem geparkten Auto in der Ahauser Innenstadt gefolgt sein. Schließlich zeigte die Frau den Mann an. Doch gegen den Strafbefehl ging der Mann vor – und wehrte sich auch am Dienstag vor dem Amtsgericht nach Kräften.
Er habe die Frau im Internet kennengelernt. Sie hätten sich dann erst Nachrichten geschrieben, sich dann auch zwei Mal getroffen. „Mehr als Freunde waren wir aber nicht“, sagte er. Auf keinen Fall habe er die Frau verfolgt. „Ich bin ihr nicht hinterher gelaufen. Im Gegenteil: Ich hab ihr ja gesagt, dass wir uns nicht mehr treffen sollten“, erklärte er Richter und Staatsanwalt. Aus seiner Sicht hätten sie einfach nicht zueinander gepasst. Warum die Frau die Geschichte so grundlegend anders erzählt, sei ihm ein Rätsel.
Doch vor Gericht blieb die 32-jährige Ahauserin erst einmal bei ihrer Version: Der Mann habe nicht aufgehört, ihr zu schreiben. 24 Stunden am Tag, sieben Tage in der Woche. Ständig. Dabei habe sie nur einem Kontakt mit einigem Abstand zugestimmt. „Ich bin verheiratet. Ich wollte von dem nichts“, erklärte sie vor Gericht. Das habe sie von Anfang an klargestellt. Dann habe der Mann schließlich angefangen, sie zu verfolgen. Als sie ihn zur Rede stellen wollte, habe er nur gelacht. Auch bei den Begegnungen habe er immer gelächelt.
Auf Nachfrage schilderte sie dem Gericht, wie der Mann ihr mit gut fünf Metern Abstand durch die Stadt gefolgt sei. Am Ende habe er sogar ihre Tochter an deren Schule angesprochen. „Da war für mich eine Grenze überschritten und ich habe die Polizei eingeschaltet“, erklärte die Frau. Diesen Vorfall an der Schule stritt der Mann kategorisch ab.
Vorwürfe sind nicht haltbar
Und auch von den Anschuldigungen, die die Frau bei der Polizei erhoben hatte und die sie vor Gericht erst noch wiederholte, blieb auf Nachfrage nicht mehr viel übrig: Nur fünf oder sechs, vielleicht auch sieben Mal sei ihr der Mann in der Innenstadt begegnet – über einen Zeitraum von sieben Monaten.
„Wohl eher rein zufällig“, bemerkte der Staatsanwalt. Die Frau habe sich in der Situation wohl auch nicht bedroht gefühlt. „Warum haben Sie nicht den Notruf angerufen?“, fragte er die Frau. Das hatte ihr die Polizei zuvor geraten. Auch auf ein Annäherungsverbot hatte die Frau nicht hingewirkt.
Das räumte die Frau schließlich ein. Der Verteidiger des 44-Jährigen wählte deutlichere Worte: „Sie lügen hier. Ihre ganze Geschichte ist völlig übertrieben“, schimpfte er. Sein Mandant sei niemals des Stalkings schuldig. „Wir leben nicht in einer Großstadt. Man kann Begegnungen hier gar nicht vermeiden“, betonte er.
Die Zeugin nahm das schließlich deutlich ruhiger hin. Zu Beginn der durchaus turbulent verlaufenen Verhandlung war sie allen Beteiligten noch regelmäßig ins Wort gefallen.
In seinem Plädoyer zog schon der Staatsanwalt einen klaren Schlussstrich: Der Angeklagte sei freizusprechen. Nicht jedes vielleicht lästige Verhalten dürfe kriminalisiert werden. Es sei ausschließlich um eher zufällige Begegnungen in der Stadt gegangen. Auch habe es dabei keinerlei Kommunikation gegeben. „Tatsächlich ist Deutschland ein freies Land“, betonte der Staatsanwalt.
„Gehen Sie sich aus dem Weg!“
Der Richter folgte diesem Plädoyer und sprach den Mann frei, unterstützte aber dennoch den Standpunkt der Frau: „Ich glaube Ihnen Ihren Leidensdruck. Sie fühlen sich verfolgt“, sagte er.
Es sei nicht falsch gewesen, zur Polizei zu gehen. Aber für eine Verurteilung wegen Nachstellung reiche das Erlebte nicht aus. Der 44-Jährige seinerseits fühlt sich durch Anzeige und das Verfahren in seiner Freiheit eingeschränkt. Beide sollen das Verfahren künftig als Anlass nehmen, sich weiträumig aus dem Weg zu gehen.
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