Exakt zwei Wochen nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Münster hat Frank Beckert Berufung eingelegt. Das teilt der ehemalige Betreiber mehrerer Corona-Teststellen am Montagmorgen (25. März) unserer Redaktion auf Nachfrage mit. Jetzt muss er Geduld aufbringen. Monatelang.
Zur Erinnerung: Während der Pandemie hatte Frank Beckert mit seiner Frau unter anderem in Wessum und Schöppingen Teststellen betrieben und dazu die Software Chayns genutzt. Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) sieht dadurch die Dokumentationspflicht verletzt. Ihrer Ansicht nach hätten die Testkunden irgendwie quittieren müssen, dass sie einen Test tatsächlich gemacht haben. So eine Funktion hatte die Software Chayns nicht vorgesehen.

Die KVWL fordert von Beckert für die Monate Dezember 2021 und Januar 2022 sowie März bis Juni 2022 rund 1,53 Millionen Euro Vergütung zurück. Weitere 103.225 Euro für die Monate Juni bis August 2022 will sie nicht zahlen. Dagegen hatte Frank Beckert geklagt.
Das Verwaltungsgericht Münster hatte der KVWL vor 14 Tagen Recht gegeben. Jetzt liegt auch die Urteilsbegründung vor. „Für uns keine Überraschung mehr“, sagt Frank Beckert. Den Inhalt hatte er ja schon in der mündlichen Verhandlung am 11. März erfahren. Dennoch hatte er bis zur schriftlichen Urteilsbegründung warten müssen, um nun Berufung am Oberverwaltungsgericht Münster einzulegen.
Neun bis zwölf Monate Wartezeit
Laut seines Anwalts könne es jetzt noch einmal neun bis zwölf Monate dauern, bis es dazu eine Entscheidung gibt. Zeit, die er nicht ungenutzt verstreichen lassen will. „Natürlich arbeite ich gerade mit allen Möglichkeiten, um mich darauf vorzubereiten“, sagt er. Sowohl mit anderen Teststellenbetreibern als auch mit den Tobit.Labs, die die Software entwickelt hatten, stehe er in engem Austausch. Aber auch da gebe es aktuell noch viele offene Fragen.
Aktuell sieht er den Ausgang des Berufungsverfahrens als völlig offen. Auch wenn es ein erstinstanzliches Urteil des Verwaltungsgerichts in Münster gibt. „Das steht ja erst einmal nur auf Papier“, sagt er – und verbindet damit einige Hoffnung. Denn: „Würde die KVWL jetzt versuchen, ihre Forderungen zu realisieren, wäre das natürlich ein riesiges Problem“, macht er deutlich. Für ihn würde das von jetzt auf gleich die Pleite bedeuten.
Das gehe natürlich nicht einfach so an ihm vorbei. Auch in der Familie würde er dazu gerade viele Gespräche führen. „Meine Frau ist da wesentlich unruhiger als ich“, erklärt Frank Beckert. Er selbst tue aktuell alles, um die Nerven zu bewahren.
Gleichzeitig versuche er so viel Alltag wie möglich beizubehalten: „Business as usual“, nennt er es.
Beispielsweise seine Tätigkeit als Trauerredner führe er ja ganz normal fort. „Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun“, erklärt er. Auch das habe er nach den Nachrichten über das Gerichtsurteil einige Male erklären müssen.
Hoffnung auf Unterstützung
Ihm bleibe jetzt aktuell nichts anderes übrig, als abzuwarten. Dabei hofft er auf die Unterstützung der Tobit.Labs. Die hatte deren Gründer und CEO Tobias Groten bereits angekündigt.
Die KVWL hingegen sieht sich im Recht – und natürlich durch das Urteil darin bestätigt: „Ganz nach der Testverordnung“, hatte KVWL-Pressesprecher Stefan Kuster gegenüber unserer Redaktion erklärt.
Seit Juli 2022 sei sie verpflichtet, die Abrechnungen von Teststellen umfangreich zu prüfen. Durch Stichproben oder bei Auffälligkeiten.
Vergütungen für abgerechnete Leistungen, die gemäß Aktenlage unbelegt oder implausibel seien, fordere die KVWL im Rahmen eines Rückforderungsbescheids von den Teststellen zurück.