In jeder Familie gibt es hin und wieder Unstimmigkeiten, bei denen es auch einmal lauter werden kann. Doch die meisten davon enden mit gegenseitigen Entschuldigungen. Der Streit eines 57-jährigen Ahausers mit seinem Sohn im Juni des vergangenen Jahres führte zu einer Anzeige wegen Beleidigung. Diesen Vorwürfen musste sich der 22-Jährige jetzt vor dem Ahauser Amtsgericht stellen.
Seine Schilderungen klangen erst einmal noch harmlos: „Es war ein Sonntag und ich hatte einen schlechten Tag. Deswegen habe ich länger geschlafen. Dann bin ich aufgestanden und wollte mir einen Tee machen, dann ging es auch schon los“, so der Angeklagte.
Sein Vater soll daraufhin sofort laut geworden sein, doch auf diesen Konflikt wollte sich der Angeklagte nicht einlassen. „Ich mag es nicht, wenn man mich anschreit“, rechtfertigte sich der 22-Jährige und flüchtete in sein Zimmer. Dort soll sein Vater dann gegen den Türrahmen geschlagen haben, er selbst habe sich verbarrikadiert. Wenig später hätten dann vier Polizisten in seinem Zimmer gestanden. „Mein Vater stand nur da und hat mich angegrinst“, so die Aussage des Sohnes.
Während der gesamten Schilderung blieb der 22-Jährige ruhig. Er offenbarte: „Solche Streitereien sind in unserer Familie nichts Unnormales, leider.“ Auch auf die Frage, ob er seinen Vater mit „Drecksack“ und „Arschloch“ beleidigt habe, zeigte er sich teilweise geständig. „Das kann schon sein, aber er ist auch laut geworden, hat sowas gesagt wie ,Du Spinner, steh mal früher auf‘.“
Die Auslöser für die Auseinandersetzungen seien meistens banaler Art, meinte der 22-Jährige. Einmal sei es eskaliert, weil er sich zwei Bratwürste aus dem Kühlschrank genommen hatte, dann sei sein Vater „komplett ausgerastet“. „Das muss man sich mal vorstellen, bei zwei Würstchen“, sagte der Angeklagte.
Sohn soll zugeschlagen haben
Als sich dann der Vater als geschädigter Zeuge äußerte, schilderte dieser die Geschehnisse deutlich anders. „Er hat sich Sachen aus dem Kühlschrank geholt, die ihm nicht gehören. Ich habe ihn dann sachlich darauf angesprochen, aber er hat die Sachen nicht zurückgestellt. Stattdessen kamen Sachen wie: ,Ich mach dich fertig‘ und ,Verreck doch‘. Als ich ihm die Sachen aus der Hand nehmen wollte, hat er mir mit der Faust ins Gesicht geschlagen“, ergänzte der 57-Jährige. Weiter: „Das ist schon das zweite Mal passiert.“ Er beschrieb die Beleidigungen seines Sohnes als „die tägliche Dosis“, er und sein Sohn gerieten fast täglich aneinander.
Die Situation stellte sich auch für die Richterin als Herausforderung dar. Sie fragte, ob nicht ein klärendes Gespräch für Frieden sorgen könnte. Doch dieser Vorschlag wurde umgehend von beiden Parteien abgelehnt. „Das bringt nichts“, sagte der 57-Jährige. Und auch sein Sohn antwortete zugleich: „Das sehe ich genauso.“ Dabei habe sein Vater eine genaue Vorstellung, wie die Konflikte zwischen ihnen enden könnten.
„Du sollst einfach ausziehen“, forderte der Vater den Angeklagten auf. Und dafür schien er auch plausible Gründe zu haben: „Er zahlt kein Kostgeld, keine Mietzuschüsse, ernährt seine Freundin bei uns mit. Ich gehe arbeiten und will mich über mein Gehalt auch gar nicht beschweren, aber da kommt nichts an Unterstützung.“ Es folgte ein nächster verbaler Schlagabtausch.
Auch vor Gericht gibt es Streit
„Ich will ja ausziehen“, erwiderte der 22-Jährige. Doch zu diesem Schritt fehlten ihm aktuell die finanziellen Mittel. Er sei derzeit arbeitssuchend, habe keine abgeschlossene Berufsabbildung und erwarte im Februar sein erstes Kind. Deshalb wolle er sich erst einmal darauf konzentrieren, schnell Arbeit zu finden. Sich um einen Ausbildungsplatz zu kümmern, schaffe er im Moment mental nicht.
Die Richterin fragte ihn, ob er schon einmal über eine Entschuldigung nachgedacht habe. „Natürlich“, antwortete daraufhin der Angeklagte, „es tut mir ja auch wohl leid, er ist immerhin mein Vater.“ Den 57-Jährigen beeindruckte das nicht: „Da lege ich keinen Wert drauf. Nächste Woche kommt wieder das Nächste.“
250 Euro Strafe
Bei der Verlesung des Registerauszugs zeigte sich, dass der 22-Jährige kein unbeschriebenes Blatt ist. Immer wieder wurde er auffällig wegen Beleidigung und Diebstahl, außerdem muss er derzeit noch Sozialstunden leisten.
Am Ende setzte die Richterin eine Geldstrafe von 25 Tagessätzen zu 10 Euro an. Sie berücksichtigte dabei die insgesamt ungünstigen Verhältnisse.
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