Heute sei an den Kaufmann Hugo Löwenstein und seine jüdische Familie erinnert, die an der Bahnhofstraße 6 (früher Adolf-Hitler-Straße 6 – heute „Aufhaus“/Markt) ein Textilkaufhaus besaßen, das schon Großvater Aron Abraham Löwenstein in Ahaus gegründet hatte, worauf noch heute erhalten gebliebene Kleiderbügel mit der Aufschrift „A.A.Löwenstein“ hinweisen.
Hugo Löwenstein wurde am 30.12.1871 als ältester Sohn von Salomon Löwenstein und seiner Frau Rebecca, geb. Cohen, in Ahaus geboren. Er besuchte in den 1880er Jahren die Rektoratsschule – eine Höhere Schule für Jungen. Mit dem 1908 eröffneten neuen Geschäftshaus im Bereich Markt/Bahnhofstraße – nach Aufgabe des kleineren Vorgängergeschäfts an der Wessumer Straße – begann der Aufstieg des (laut Geschäftsanzeigen) „größten Kaufhauses im Kreis Ahaus und Umgebung“.
Um 1905 heiratete Hugo Löwenstein die fast 13 Jahre jüngere Else Ostberg aus Bocholt, die zwischen 1907 und 1920 fünf Kinder gebar. Im Jahre 1929 starb Else Löwenstein mit gerade einmal 43 Jahren.
Der wohlhabende Hugo Löwenstein war ein angesehener und geachteter Mann in Ahaus – patriotisch gesonnen (4 Jahre Soldat im Ersten Weltkrieg) und spendabel, wenn es zum Beispiel um Übernahme von Kosten für das neue Rathaus und das Marienhospital ging. Auch bedürftigen Kunden gegenüber war er sehr großzügig und erließ ihnen nicht selten die Ratenzahlungen.

Haverkamp übernimmt Kaufhaus und Waren
Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurde sein Kaufhaus mit Boykottdrohungen überzogen; er musste sich seitens der NSDAP erfundener und unbewiesener Vorwürfe von „Preistreiberei“ und Devisenschmuggel erwehren. Seine nichtjüdischen Angestellten durfte er nicht weiterbeschäftigen.
Die antisemitische Hetze trieb ihn schließlich dazu, 1937 sein Kaufhaus an den befreundeten Kaufmann Haverkamp zu verpachten, der ihm zudem das gesamte Warenlager abkaufte – zu einem fairen und reellen Preis übrigens.
Hugo Löwenstein zog mit seiner einzig im Haus verbliebenen 17-jährigen Tochter Inge nach Berlin – in der irrigen Hoffnung, in der anonymen Großstadt überleben zu können: Während seine Tochter sich nach Nordafrika retten konnte (und mit weit über 90 Jahren vor einigen Jahren in Paris starb), wurde ihr damals 70-jähriger Vater im September 1942 ins Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er den miserablen Bedingungen infolge Hunger und Krankheiten zum Opfer fiel.
Bis heute Kontakt nach Ahaus
Hugos ältester Sohn Adolf war schon 1933 nach Amsterdam geflüchtet, weil er in den Jahren davor in Wort und Tat gegen die Nazis gekämpft hatte. Zusammen mit seiner Frau Ursula und der zweijährigen Tochter Evelyne wurde er 1942 in Auschwitz ermordet.
Adolfs jüngerer Bruder Ernst, der mit seiner Frau die NS-Zeit überlebte, starb direkt nach dem Krieg bei einem Flugzeugabsturz.
Der Enkel von Fritz, dem jüngsten Sohn von Hugo Löwenstein, der 1971 mit 57 Jahren in Amsterdam starb, hält bis heute Kontakt nach Ahaus.
AN SCHICKSALE DER VERSCHLEPPTEN AHAUSER ERINNERN
In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv und auf Initiative des VHS-Arbeitskreises Ahauser Geschichte 1933-1945 veröffentlichen wir in loser Folge die Geschichten und Schicksale der Ahauser, die während des Holocausts aus Ahaus verschleppt wurden.
Damit wollen wir einen kleinen Teil dazu beitragen, das Andenken an diese Menschen wachzuhalten.
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