Karin und Bernd Suddendorf ziehen schweren Herzens einen Schlussstrich: Nach 55 Jahren werden sie Ende dieses Jahres das Blumengeschäft im Schatten des Wüllener Kirchturms zum letzten Mal schließen.
Die beiden Wüllener sitzen an ihrem Küchentisch. Vom Tresen des Blumengeschäfts trennt sie nur ein kurzer Flur. Immer wieder schellt eine Glocke. „Die Ladentür“, sagt Karin Suddendorf und lächelt. Das Geschäft brummt. Gerade jetzt zu Beginn der Adventszeit ist die Nachfrage nach Deko, Adventsschmuck und Blumen besonders hoch. Die Entscheidung das Blumengeschäft zu schließen hat aber auch nichts mit dem wirtschaftlichen Erfolg zu tun.
Auslöser ist ein Unfall vor drei Jahren: Von dem hat sich Karin Suddendorf (51) bis heute nicht erholt. Auch mehrfache Therapieansätze brachten keinen Erfolg. „Ich habe immer wieder versucht, auf die Beine zu kommen, doch es hat einfach nicht funktioniert“, sagt sie. Bis heute leidet sie ständig unter Schmerzen, kann keinen Tag normal durcharbeiten.
Das Geschäft normal weiter zu führen, sei immer noch undenkbar. Mittlerweile ist sie in Frührente. „Und nach langem Hin und Her habe ich mich vor einem halben Jahr dazu entschlossen, einen Schlussstrich zu ziehen“, sagt sie. Denn ein kleines Geschäft, wie eben den Blumenhandel an der Wüllener Kirche zu führen, gehe nur mit viel Eigenleistung.
„Ich habe versucht, das umzustrukturieren“, sagt Karin Suddendorf. Doch das habe nicht auf Dauer funktioniert. Auch die beiden Mitarbeiterinnen wollten das Geschäft nicht weiterführen. „Sie wohnen auch einfach zu weit weg“, sagt Karin Suddendorf.

Bei der aktuellen wirtschaftlichen Situation wundert sich das Paar auch nicht darüber, dass die Mitarbeiterinnen das Geschäft nicht fortführen wollen. Sich jetzt selbstständig zu machen, sei ja schon ein enormes Wagnis. Auch die Entscheidung, das Geschäft zu schließen, hätten sie sicherlich schon früher getroffen, wenn sie das Ladenlokal mieten müssten. „Da hätten wir längst Schluss gemacht“, sagt Bernd Suddendorf (58) und winkt ab.
So hätten sie es aber deutlich länger versucht. Selbstverständlich, schließlich ist es die Keimzelle des Familienunternehmens. „Meine Eltern haben das Geschäft 1967 gegründet“, sagt Bernd Suddendorf. Von ihnen hatte der Gärtnermeister es 1994 übernommen. Kurze Zeit später teilte sich das Ehepaar die Schwerpunkte auf: Bernd Suddendorf spezialisierte sich auf Garten- und Landschaftsbau und die Friedhofspflege. Baute den Bereich nach und nach immer weiter aus. Heute hat er zwei Angestellte, ist im gesamten Stadtgebiet und der näheren Umgebung unterwegs.
Floristik: Arbeit war auch Hobby
Seine Frau Karin stürzte sich in den Blumenhandel und den Bereich Floristik. „Das ist ja auch nicht nur Arbeit, das war ja auch immer mein Hobby“, sagt die ausgebildete Floristin Karin Suddendorf.
Der Wüllener betont, dass der gesamte Bereich Garten- und Landschaftsbau sowie die Friedhofspflege weiterlaufen werden. Das sei nicht nur das Hauptstandbein des Familienbetriebs, sondern auch sein persönliches Steckenpferd. „Und ein paar Jahre muss ich ja noch“, sagt er mit Blick auf die Rente und lacht.
Wie es auf Dauer weitergeht, mag er aber auch da noch nicht abschätzen. Schließlich wollen beide Kinder der Familie den Betrieb nicht fortführen. „Unser Sohn hat zwar eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau gemacht, er möchte sich aber nicht selbstständig machen“, erklärt Bernd Suddendorf. Die Tochter hat einen ganz anderen Weg eingeschlagen, im Gesundheitswesen.
Abschied ist ein schwerer Schritt
Für Karin Suddendorf ist der Abschied von ihrem Geschäft ein schwerer Schritt: „Jeder kennt den Laden und viele Kunden haben mich auch schon fast verzweifelt gefragt, wo sie in Zukunft Blumen und Deko bekommen sollen“, sagt sie mit einem traurig-bitteren Lächeln. Und auch die beiden Mitarbeiterinnen seien ja schon mehr ein Teil der Familie, als bloß Angestellte. Doch so leid ihr das tue, so wenig könne sie daran ändern. „Es geht einfach nicht mehr“, sagt sie und blickt für einen Moment traurig zu ihrem Mann. Der schüttelt den Kopf. Es mache einfach keinen Sinn mehr.
Einen letzten Öffnungstag haben sie schon im Blick. Zu Weihnachten soll endgültig Schluss sein. „Es sei denn dann ist der Laden noch rappelvoll“, schränkt sie gleich ein. Geplant ist das natürlich nicht: Denn ab dem 1. Dezember starten sie mit dem Ausverkauf.
Was dann einmal mit dem vorläufig leerstehenden Geschäft direkt an der Wüllener Kirche passiert, mag das Paar noch nicht abschätzen. Erst einmal werden die Fenster wohl dunkel bleiben. Einen Umbau haben sie noch nicht geplant. Vielleicht eine Deko oder eine kleine Ausstellung, vielleicht bleibt es bei Vorhängen. „Mal sehen“, sagt Karin Suddendorf. So weit ist sie noch nicht.