Carsharing verbinden die meisten noch mit einem Mobilitäts-Modell, welches weitestgehend den Großstädten vorbehalten ist. „Hier auf dem Land hat doch jeder noch sein eigenes Auto“, so die landläufige Meinung. Doch gerade in ländlichen Gebieten, wie dem Westmünsterland, macht Carsharing noch mehr Sinn als in Städten, in denen der öffentliche Nahverkehr so gut ausgebaut ist, dass man gar kein eigenes Auto mehr benötigt.
Aus diesem Grund kamen Reiner Buss und Alexander Tübing 2017 auf die Idee, das Projekt „stattVerbrenner“ in Ahaus zu starten. Ein Carsharing-Modell für Elektroautos, das für jedermann zugänglich ist. Gut drei Jahre später ist mit Stadtlohn sogar noch ein weiterer Standort hinzugekommen. Es schien also super zu laufen. Doch jetzt haben die beiden Ingenieure das Projekt wieder beendet.
„Zuerst mal muss man sagen, dass es nie mehr als ein Testprojekt war“, erklärt Reiner Buss. „Es ging uns nicht darum, langfristig Geld zu verdienen.“ Vielmehr wollte das Ingenieurs-Team aus Ahaus schauen, ob die grundsätzlich eher skeptische Haltung vieler Menschen gerechtfertigt ist. „Das Gegenteil ist der Fall“, betont Alexander Tübing, der maßgeblich an dem Projekt beteiligt war. „Insgesamt rund 200.000 elektrisch gefahrene Kilometer sprechen für sich.“
1.600 registrierte Nutzer
Dazu wurden knapp 30.000 kWh regenerativ erzeugter Strom verwendet, was ungefähr ein CO2-Ersparnis von 36 Tonnen ergibt. Ganze 5000 Mal wurden die Fahrzeuge von 1.600 registrierten Nutzern und rund 500 aktiven Fahrern gebucht. Damit hat jeder Fahrer rund 72 kg CO2 einsparen können. „Das ist aus unserer Sicht ein klares Zeichen dafür, dass solche Modelle angenommen werden“, betont Reiner Buss.
Beliebt bei Flüchtlingen
Schnell habe er erkannt, dass das Modell vor allem für ganz bestimmte Zielgruppen interessant ist. So sei das Mietangebot zum Beispiel sehr viel von Flüchtlingen in Anspruch genommen worden. „Dabei hat mit Sicherheit auch das Bezahlmodell eine Rolle gespielt“, vermutet Buss.
Denn durch die Unterstützung der Chayns-App von Tobit war es nicht nötig, eine Kreditkarte oder Girokarte zu hinterlegen, sondern es konnte auch per Paypal oder sogar bar bezahlt werden. „Das nimmt natürlich für Menschen, die hier weder Kreditkarte noch ein eigenes Konto haben, eine riesige Hürde.“
Was die beiden Ingenieure allerdings am meisten freut, ist der Umgang mit den Fahrzeugen. „Wir haben eigentlich mit allem gerechnet“, erinnert sich Reiner Buss. „Man sieht ja auch, wie zum Beispiel mit den E-Scootern in Großstädten umgegangen wird.“
Doch in der gesamten Laufzeit des E-Carsharing-Projekts gab es nicht eine einzige Beschädigung der Fahrzeuge - weder von innen noch von außen. „Und das finden wir wirklich klasse. Das spricht vielleicht auch ein bisschen für die Ahauser selbst“, ergänzt Buss.
Firma geht neue Projekte an
Doch warum dann jetzt aufhören? „Für das Projekt haben wir uns von Anfang an knapp 5 Jahre Zeit gegeben, in denen wir viel dazu gelernt haben und uns intensiv mit dem Thema der Elektromobilität im ländlichen Raum auseinandergesetzt haben“, erklärt Alexander Tübing. „Aber es gibt neue Aufgaben und Projekte, die uns umtreiben und unsere Aufmerksamkeit bedürfen.“
In Stadtlohn geht‘s weiter
Trotzdem haben die Elektroautos in Ahaus das Ende ihrer Lebenszeit natürlich noch nicht erreicht und werden entweder verkauft oder für Bürofahrten des Ingenieursbüros weitergenutzt. Für die Autos in Stadtlohn hat sich jedoch eine andere Lösung gefunden. Dort können Kunden dank eines Käufers, für eine Übergangszeit noch ganz normal über stattVerbrenner buchen.