Dietmar Eisele von den Grünen lebt seit 1995 in Ahaus. Nun will er Bürgermeister werden.

© Johannes Schmittmann

Kampfansage an Karola Voß: Dietmar Eisele will Ahaus erster Grüner Bürgermeister werden

rnBürgermeisterkandidat für Ahaus

Nach Karola Voß und Dr. Michael Räckers (CDU) hat Ahaus mit Dietmar Eisele (Die Grünen) einen dritten Bürgermeisterkandidaten. Vor allem der amtierenden Bürgermeisterin sagt er den Kampf an.

Ahaus

, 14.03.2020, 18:00 Uhr / Lesedauer: 4 min

Dietmar Eisele (60) bezeichnet sich selbst als „Kind des Ruhrgebiets“. Seit 25 Jahren lebt er in Ahaus. Am 13. September möchte er zu Ahaus erstem Grünen Bürgermeister gewählt werden. Im Interview mit der Redaktion sprach er unter anderem über die krachende Niederlage gegen Dr. Dirk Korte, die Gestaltung der Wallstraße und sein Verhältnis zur Landwirtschaft.

Herr Eisele, die Mitglieder der Ahauser Grünen haben Sie mit 100 Prozent der Stimmen zu ihrem Bürgermeisterkandidaten gewählt. Das klingt ja fast schon nach einem Gewerkschaftsergebnis...

Unglaublich, oder? Das zeigt den großen Rückhalt durch die Partei. Aber es ist auch ein Zeichen für die große Aufbruchstimmung in der Stadt. Wir wollen in Ahaus grüne Akzente setzen. Das ist mein Anliegen seit mehr als 20 Jahren.

Waren Sie selbst überrascht?

Mit 100 Prozent habe ich natürlich nicht gerechnet. Aber es ist auch eine Verpflichtung. Man will jetzt erst recht niemanden enttäuschen. Aber ich glaube an mich.

Wie kam es überhaupt dazu, dass Sie sich zur Wahl gestellt haben?

Wir haben innerhalb des Vorstandes lange überlegt, ob wir einen Bürgermeisterkandidaten stellen. Dann haben wir geschaut, wer es machen könnte. Wir haben relativ viele neue Gesichter bei den Grünen, aber ich glaube, man braucht als Bürgermeister eine gewisse Erfahrung und muss die Stadt kennen. Ich wohne seit 1995 hier und kenne mich glaube ich mittlerweile ganz gut aus. (lacht)

Wann ist das erste Mal Ihr Name im Zusammenhang mit der Bürgermeisterwahl gefallen?

Vor sechs bis acht Wochen.

Brauchten Sie Bedenkzeit, oder warum hat es bis zur Bekanntgabe Ihrer Kandidatur noch gedauert?

Ich habe natürlich mit meiner Familie gesprochen. Denn es sagen zwar alle am Anfang: Wir führen einen fairen und sachlichen Wahlkampf. Aber wenn es so weit ist, dann fällt alles hinten rüber - leider.

Sie können ja mit gutem Beispiel voran gehen...

Ja, absolut. Ich werde mich darauf nicht einlassen.

Wofür stehen Sie eigentlich, Herr Eisele?

Viele sagen, ich wäre nicht so grün. Aber ich stehe für eine klare grüne Linie in dieser Stadt. Ich will Angebote unterbreiten. Allerdings nicht von oben, sondern ich will die Leute für Veränderungen begeistern. Wir sind in der Verpflichtung, für Kinder und Jugendliche jetzt etwas zu leisten. Fridays for Future zeigt, dass diese Generation hochmotiviert und hochpolitisch ist. Auch die Baumpflanz-Aktion vor einer guten Woche verdeutlicht, dass hier alle etwas für das Klima tun möchten.

Was sagen Sie den Menschen, die Sie als „nicht wirklich grün“ bezeichnen?

Ich sehe mich als Vermittler und pragmatischer Mensch. Ich habe klare Ideen und Vorstellungen, aber im täglichen Leben muss man sich auf Kompromisse einlassen. Mir ist es lieber, einen akzeptablen Kompromiss zu finden als letztendlich zu scheitern. Das war immer mein Weg. Und warum sollte ich ihn jetzt ändern?

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Haben Sie auch konkrete Ziele für die Stadt Ahaus?

Nehmen wir zum Beispiel die geplante Umgestaltung der Wallstraße. Da favorisiere ich klar den Gewinner des Wettbewerbs. Es passt zu unserem Ansatz, die gesamte Innenstadt grüner zu machen. Die Aufenthaltsqualität in der Fußgängerzone muss gesteigert werden. Mehr Grün in die Innenstadt, aber auch mehr Sitzgelegenheiten.

Bleiben wir kurz bei den Plänen für die Wallstraße. Viele kritisieren, dass zahlreiche Parkplätze wegfallen würden. Was entgegnen Sie diesen Leuten?

Ich teile die Bedenken nicht. Man muss darüber diskutieren, ob man wirklich mit dem Auto bis ans Geschäft fahren muss. Wir sind das hier gewohnt, aber in Großstädten war das noch nie möglich. Ich will das Auto nicht verbieten, aber ich will Angebote schaffen, dass das Auto in der Innenstadt nicht mehr nötig sein wird. Also besserer ÖPNV und bessere Radwege. Innerstädtische Verbindungen sollen einen Euro kosten, auch wenn wir dafür Geld in die Hand nehmen müssen. Außerdem will ich kein Gegeneinander mehr auf der Straße, nach dem Motto „der Stärkere gewinnt“, sondern ein Miteinander. Jeder ist nach dem Gesetzt im Straßenverkehr gleichberechtigt. In der Praxis sieht das allerdings anders aus. Da ist die Wallstraße das beste Beispiel.

Können Sie mit diesen Themen bei den Ahausern so punkten, dass Sie eine Chance gegen die amtierende Bürgermeisterin und Michael Räckers von der CDU haben?

Die Stimmung ist nicht schlecht in Ahaus. Karola Voß ist in der Stadt absolut beliebt und ist eine wirklich sehr angenehme Person im täglichen Umgang. Da habe ich überhaupt keinen Bedenken.

Aber...

Wie sie das Amt führt, das kann man anders machen. Wenn man Projekte angehen will, dann muss man sich um Fördergelder kümmern. Im Moment gibt es jede Menge Fördergelder von Bund und Land - da passiert im Moment zu wenig. Das ist Aufgabe der Verwaltungsspitze. Da muss etwas passieren. Ob ich eine Chance habe, sehen wir am 13. September. Mal sehen, ob die SPD noch einen Kandidaten ins Rennen schickt. In die Stichwahl zu kommen, scheint mir möglich. Wenn es nicht klappt, geht die Welt auch nicht unter.

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Die Grünen befinden sich bundesweit im Aufwind. Können Sie davon profitieren?

Ich habe 1999 mit der Politik angefangen, weil ich daran geglaubt habe, dass unsere Lösungen die besseren sind. Es hat lange gedauert, aber die aktuellen Ergebnisse sprechen eine klare Sprache. In Ahaus muss man den UWG-Faktor noch abziehen, aber 15 plus X Prozent sind meiner Meinung nach auch hier drin. Denn die Leute wählen eher das Original als die Kopie.

Sie haben 1999 angesprochen. Damals sind Sie direkt gegen Dirk Korte ins Rennen um das Amt des Bürgermeisters gestartet...

Ich war frisch in der Stadt. Ich kannte die politischen Verhältnisse vor Ort in dem Moment, in dem ich zugesagt habe, nicht besonders gut. Die Chance, der erste hauptamtliche Bürgermeister dieser Stadt zu werden, fand ich attraktiv. Aber letztendlich, muss man ehrlich zugeben, ging es vor allem darum, bei den Diskussionen dabei zu sein und einen Fuß in der Tür zu haben.

Können Sie beim jetzigen Wahlkampf von dieser Erfahrung profitieren?

Es war eine krachende Niederlage, obwohl wir ein Ratsmandat erobert haben. Ich habe aber in dieser Zeit sehr viel gelernt. Auch von Dr. Korte. Es war beeindruckend, wie er die Stadt über Jahre geleitet hat. Wovon ich natürlich profitiere, ist meine gute Kenntnis der Gemeindeordnung. Manche sagen sogar, ich würde darauf rumreiten, aber Gesetz ist Gesetz.

Wie ist eigentlich Ihr Verhältnis zur Landwirtschaft?

Ich finde Landwirtschaft extrem wichtig. Ich bin nicht so dogmatisch und sage: Alle Landwirt müssen jetzt auf Bio umstellen. Da muss es ähnlich wie beim Autofahren sein. Man muss Angebote schaffen und auf die Vernunft vertrauen. Ich denke, dass dann viele bereit sind, von der extremen Massentierhaltung wegzukommen.