„Das Wasserfräulein von Ahaus“ ist der Name einer fast in Vergessenheit geratenen Sage, die sich an der Ahauser Aa zugetragen haben soll. Darüber berichtet zumindest Apotheker Paul Advena alias Tilo Paul in „Sagen aus der westfälischen Heimat“. Kern der Sage ist folgender: In der Ahauser Aa gibt es keine Fische mehr. Warum? Um das zu erklären, müssen wir an den Anfang der Erzählung gehen.
Vor heute unbekannter Zeit stand dort, wo heute die Stadt Ahaus liegt, ein Fischerhäuschen an der Aa. Dort lebte ein Fischer mit seiner Familie in bescheidenen Verhältnissen; Fleisch kam selten auf den Tisch, Gemüse deckte eine ganze Nachmittagsmahlzeit. Manchmal fing der Fischer an der Aa einen Fisch und an jenem Tag saß er wieder an der Aa und versuchte sein Glück. Doch wieder hielt sich sein Erfolg in Grenzen.
Da kam plötzlich ein grünes Knäuel auf ihn zu geschwommen, er nahm seine Angel und fischte es aus der Aa. Er sprach: „Gold und Silber bist du nicht; ein Fisch bist du auch nicht und essen kann man dich gar nicht“ – und warf es wieder ins Wasser. Da ertönte prompt eine Stimme: „Warum achtest du mein Geschenk so wenig, was dir Glück bringen soll?“. Damit tauchte vor dem Fischer eine Meerjungfrau auf.
Goldene Pose für den Erfolg
Der Fischer entschuldigte sich, da sprach das Wasserfräulein weiter: „Ich weiß, du bist arm und deswegen möchte ich dir eine goldene Angel schenken. Mit der wirst du immer viel Fisch fangen. Aber erst musst du mir versprechen, dass du jeden zehnten Fisch, den du fangen wirst, den Armen geben wirst.“ Der Fischer war sofort einverstanden und nahm die Angel entgegen.
Und tatsächlich, mit der goldenen Pose war der Fischer erfolgreich, er holte damit viele Fische aus dem Wasser, jeden zehnten aber legte er zurück. Einen Teil der Fische verkaufte er und so verdiente er viel Geld. Davon kaufte er sich neue Kleider, ein neues Haus und seine Familie hatte immer Essen auf dem Teller.
Doch mit der Zeit vergaß er sein Versprechen, denn das viele Geld hatte ihn geizig und hartherzig gemacht. Er hörte sogar auf zu fischen und erst als sein Reichtum wieder abnahm, musste er seine Arbeit wieder aufnehmen.
Dann saß er wieder an der Aa und als zum zehnten Mal ein Fisch an seine Angel biss, zog er einen großen, vor Gold schimmernden Fisch aus der Aa. Da fiel ihm wieder sein Versprechen ein, allerdings wollte er so einen Fisch lieber selbst mit nach Hause nehmen.
Ein Sack voll Steine
Er hielt die Angel wieder ins Wasser, als er im nächsten Moment einen starken Ruck spürte. Besorgt holte er die Angel wieder ein und stellte fest, dass die goldene Pose fehlte. Voller Wut packte der Fischer seinen Sack voll Fisch und wollte wieder nach Hause gehen.
Doch er konnte den Sack kaum anheben und als er ihn öffnete, so hatten sich alle Fische darin in Steine verwandelt. Wütend packte der Fischer die Steine und warf sie in die Aa. Da verfärbte sich das Wasser der Aa blutrot, die Leute erzählen sich, das Wasserfräulein war von einem der Steine getroffen worden und floh. Dabei nahm sie auch die Fische mit.
Gibt es einen wahren Kern?
Gibt es in der Aa wirklich keine Fische mehr? Der Vorsitzende des Angelvereins Ahaus, Marek Wycisk, kann Licht ins Dunkel bringen. „Natürlich gibt es in der Aa Fisch“ ist die einfache Antwort. „Zwar ist der Fischbestand aufgrund von niedrigen Wasserständen innerhalb von Ahaus deutlich niedriger, aber im Bereich vor Graes sind alle gängigen Weißfischarten vertreten“, so der Vorsitzende auf Nachfrage der Redaktion.

Was der Ursprung der Sage war, ist heute unbekannt. „Historisch kann man die Sage heute nicht mehr rekonstruieren, weil sie wahrscheinlich hauptsächlich mündlich überliefert wurde, daher haben wir historisch gesehen keine Anknüpfungspunkte mehr“, so Max Pfeiffer, Stadtarchivar der Stadt Ahaus.
Was bleibt, ist eine Bronzestatue auf dem Brunnen am Oldenkottplatz, welche an das Wasserfräulein von Ahaus erinnert.