Christoph klingt wieder Reparatur an tonnenschwerer Glocke wird pünktlich fertig

Christoph klingt wieder: Reparatur an tonnenschwerer Glocke
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Christoph schwieg. Auch mit viel gutem Zureden war ihm kein Ton mehr zu entlocken. Fast neun Monate lang hüllte er sich in völliges Schweigen. Bestenfalls schwang er müde ein bisschen mit, wenn Maria, Michael und Konrad an die Arbeit gingen.

Nicht aus Faulheit oder gar Streik. Christoph konnte nicht: Eine Platine in seinem Motor war durchgebrannt. Und ohne Motor lassen sich seine über 1,6 Tonnen eben nicht in Bewegung bringen. Christoph ist eine der vier Glocken, die hoch über der Ahauser Innenstadt im Kirchturm von St. Mariä Himmelfahrt hängen.

Jetzt die Reparatur. „Endlich“, wie es Küster Gregor Frankemölle am Donnerstag vor Pfingsten erleichtert sagt. Er ist zu Christoph in den Turm hinaufgestiegen. Hat sich durch die kleine Tür im Fuß des Kirchturms gezwängt und ist die schmale Wendeltreppe über die ausgetretenen Steinstufen hinauf geklettert. Über noch schmalere und etwas wackelig wirkende Holzstiegen geht es bis hoch zu den Glocken.

Dort sind gerade zwei Monteure am Werk. Sie haben alte Motoren und den alten Schaltschrank schon abgebaut. Die neu verkabelte Elektronik hängt inzwischen an ihrem Platz. Noch fehlen aber letzte Verbindungen und Einstellungen. Noch müssen sie eine Menge testen.

Ingo Scheller-Lutz ist einer von ihnen. „Monteur für Kirchentechnik“, nennt er sich selbst lächelnd. Das sei zwar kein Lehrberuf, aber darauf seien sie spezialisiert: Diegner und Schade aus Dorsten baut und repariert Elektromotoren, Sondermaschinen, Gebäudeuhren und eben Kirchentechnik wie so ein Geläut. Seit 90 Jahren schon.

Monteure im Glockenstuhl der Marienkirche
Im Gebälk zwischen den tonnenschweren Glocken haben die Monteure von Diegner und Schade aus Dorsten die neue Technik installiert. Die soll jetzt auch mit weniger Wartung als bisher auskommen. © Stephan Rape

Gerade verbindet sein Kollege zwei Kontakte im neuen Schaltschrank. Über ihren Köpfen setzt sich Christoph in Bewegung. Es braucht ein paar Schwünge, bis der schwere Klöppel gegen die Glockenwand schlägt und der Ton dröhnend durch den Turm hallt.

Christophs sattes, volles D ist wieder zu hören. Doch noch stimmt die Steuerung nicht richtig. Die Glocke schwingt zu langsam an und zu lange nach. Die Töne lassen sich noch nicht exakt regeln. Das muss bis Pfingsten noch besser werden.

Denn ohne Christoph sei das eben nicht stimmig. Nicht voll. Mit der kleinsten Glocke Konrad und der zweitgrößten Michael habe er zwar irgendwie für Ersatz gesorgt, so richtig glücklich ist der Küster damit aber nicht gewesen. „Da fehlt ein Ton“, sagt er.

Versprechen mehrfach verschoben

Mehrfach hatte Gregor Frankemölle sich und der Gemeinde schon versprochen, dass es wieder das volle Geläut geben soll. Zu Ostern. Zur Erstkommunion. Doch das klappte nicht. Weil erst überhaupt einmal der Fehler gefunden werden musste. Dann musste der Kirchenvorstand die Entscheidung für die Reparatur fassen. Schließlich fehlten erst die Handwerker, dann die Ersatzteile. „Immer wieder kam irgendwas dazwischen“, sagt Gregor Frankemölle.

Er steht auf alten Holzplanken, die hoch oben im Turm um den Glockenstuhl herumlaufen und die sich bei jedem Schritt leicht biegen. Wieder schwingt die Glocke an. Um mehrere Zentimeter bewegt sich die gesamte Holzkonstruktion im Kirchturm. Die massiven Balken nehmen die komplette Energie der schwingenden Glocken auf. Wenn alle vier Glocken beispielsweise zu Hochfesten läuten, sind hoch oben im Turm schließlich rund neun Tonnen Bronze in Bewegung.

Vier Glocken im Glockenstuhl der Marienkirche
Vier Glocken hängen im Turm der Marienkirche. Der Größe nach heißen sie Maria, Michael, Christoph und Konrad. Insgesamt wiegen die Glocken rund neun Tonnen. Das Gewicht und die Kräfte, die beim Schwingen entstehen, fängt der hölzerne Glockenstuhl ab – und gerät dabei selbst entsprechend in Bewegung. © Stephan Rape

Einige Kleinigkeiten fehlen noch

Ingo Scheller-Lutz blickt zufrieden nach oben. Es sind nur noch Kleinigkeiten, die fehlen. Seit vier Tagen ist er mit seinem Kollegen hier oben im Einsatz. „Ein normaler Auftrag“, sagt er. Dabei haben sie die komplette Elektrik umgebaut. Zwei schwere Elektromotoren wurden ausgetauscht, zwei andere haben sie umgerüstet, die gesamte Steuerung auf modernen Stand gebracht.

„Die Alte stammte wohl noch von 1948, als die vier Glocken aufgehängt wurden“, sagt Gregor Frankemölle. So eine typische, alte Bakelitkiste sei das gewesen. Durch die neue Elektrik wird auch die Steuerung simpler: Die Motoren, die die Glocken über Kettenzüge in Schwung bringen, müssen in unterschiedliche Richtungen laufen. Je nachdem, in welche Richtung die Glocke gerade schwingt.

Bisher wurde über Zahnräder geregelt, wie herum die Kraft wirken muss. „Das übernimmt jetzt die Elektronik“, erklärt Ingo Scheller-Lutz. Weniger mechanische Teile bedeute dabei auch weniger Teile, die kaputt gehen können.

Wndel
Schmale Wendeltreppen und noch schmalere Holzstiegen führen in den Glockenturm hoch. Nichts für Menschen mit Platz- oder Höhenangst. © Stephan Rape

Wieder dröhnen einige Glockenschläge durch den Turm. Dem Küster huscht ein Lächeln über das Gesicht. Mit dem Versprechen zu Pfingsten scheint es zu klappen. Und das sorgt offenbar auch bei anderen für Vorfreude. Mehrfach sei er in dieser Woche schon darauf angesprochen worden, was denn mit den Glocken los sei. Auch die Turmuhren, die immer wieder falsch liefen, hätten für einige Nachfragen gesorgt.

„Und auch die Bürger- und Junggesellenschützen freuen sich darauf, dass zur Schützenmesse alle Glocken wieder klingen werden“, sagt Gregor Frankemölle. Auch denen hatte er das natürlich versprochen. Als er sich wieder in Richtung der schmalen Holzstiege umdreht, ruft er ihnen noch fröhlich zu: „Seht mir ja zu, dass das fertig wird.“ Ihre Antwort geht in den nächsten Glockenschlägen unter.

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