Bürger in Ammeln haben Angst vor neuem Industriegebiet Pläne stoßen auf Widerstand

Bürger haben Angst vor neuem Industriegebiet: Pläne stoßen auf Widerstand
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Der Regionalplan Münsterland schlägt in Ammeln hohe Wellen. Der Grund: Die Änderung des Regionalplans sieht in Ammeln einen großen Potenzialbereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen vor. Sollte der Regionalplan irgendwann so in Kraft treten, könnten hier also weitere Gewerbegebiete entstehen.

Aber was ist eigentlich ein Regionalplan? Der Regionalplan legt die Ziele für die Raumentwicklung in den Planungsregionen fest, so erklärt es das Land NRW auf seiner Homepage. Heißt: Im Regionalplan wird festgelegt, in welchen Gebieten weitere Wohnsiedlungen entstehen können, wo Windkraftanlagen gebaut werden könnten und auch wo Industrie- und Gewerbegebiete entstehen können.

Und eben weil der Regionalplan einen so großen Potenzialbereich in Ammeln vorsieht, war das Interesse der Anwohnerinnen und Anwohner an der Ratssitzung am Mittwoch, wo über die Stellungnahme der Stadt Ahaus zum Thema abgestimmt werden sollte, entsprechend groß.

Schon im Vorfeld hatte man sich zu einer Informationsveranstaltung in Ammeln getroffen. „Bei Umsetzung dieser Pläne wären landwirtschaftliche Betriebe, die zum Teil seit Generationen in Ammeln ansässig sind, betroffen sowie eine Vielzahl von Bewohnern der dort befindlichen Ein- und Zweifamilienhäuser und eine komplette Wohnsiedlung“, erklärt Alfred Mertens, selbst Anwohner in Ammeln. Die Betroffenen hätten ihr Unverständnis darüber geäußert, „dass die Stadt Ahaus diese Pläne nicht offen kommuniziert hatte“.

Regionalplan Münsterland
So sieht der aktuelle Entwurf zum überarbeiteten Regionalplan Münsterland aus. Die grau schraffierten Flächen in Ammeln könnten Potenzialbereich für gewerbliche und industrielle Nutzungen werden. © Bezirksregierung Münster

Zu Beginn der Diskussion in der Ratssitzung wies Bürgermeisterin Karola Voß zunächst darauf hin, dass man die Entwicklungen nicht überall vorantreiben könne, sondern sich zum Beispiel neue Gewerbeflächen an bestehende anschließen müssen. „Ich kann verstehen, dass das für die Betroffenen ein besonderer Einschnitt ist“, sagte sie mit Blick auf die zahlreich erschienenen Ammelner Bürgerinnen und Bürger.

In Bezug darauf, dass auch die Größe der ausgewiesenen Potenzialflächen im Vorfeld kritisiert wurde, erklärte sie: „Es gibt Hochrechnungen zum Bedarf der Stadt Ahaus. Im neuen Regionalplan haben wir erstmals die Möglichkeit, Flächen bis zu einem 3-fachen Satz des Bedarfs auszuweisen. Aber nur der einfache Satz ist auch umsetzbar.“ Für den Fall, dass an bestimmten Stellen Grundstücke nicht zu bekommen sind. Aber es handele sich eben „nur“ um Optionsflächen.

„So lebt Demokratie“

Auch die Politiker versuchten, die Wogen zu glätten. Es sei eben nur ein grober Rahmen. Ob dieser am Ende auch umgesetzt wird, liege zum großen Teil auch in den Händen der Ammelner. Es sei eine große Errungenschaft, dass man durch die Optionsflächen flexibler sei. „Vorher waren wir extrem eingeschränkt. Wir wollen die Stadt entwickeln und dazu gehört, dass wir entsprechende Möglichkeiten haben“, erklärte etwa Michael Räckers (CDU). So müsse man nicht „blind in die Zukunft gehen“, so Klaus Lambers.

Dennoch sei es gut und richtig von den Bürgern, sich dazu zu äußern. „So lebt Demokratie“, lobte Dietmar Eisele (Grüne). Alle Einwendungen seien an die Bezirksregierung Münster weitergeleitet worden, so die Verwaltung.

Zudem wurde mehrfach betont, dass die Ammelner Bürger im Rahmen von Flächennutzungsplänen oder Bebauungsplänen später als Grundstückseigentümer auch noch ein Mitspracherecht haben. „Ihnen gehören die Flächen zu einem großen Teil, und wenn Sie nicht wollen, dass diese überplant werden, dann können wir das auch nicht tun“, betonte der technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner. Die Grundstückseigentümer müssten an den Plänen mitwirken.

Ob diese Aussagen die Ammelner Bürgerinnen und Bürger beruhigt haben? Eher nicht. Im Nachgang zur Ratssitzung erreichten die Redaktion einige der Einwände gegen den Regionalplan. Diese können an dieser Stelle nicht alle wiedergegeben werden. Deutlich werden allerdings die Existenzängste der Anwohnerinnen und Anwohner.

„Vor circa 15 Jahren habe ich ein Einfamilienhaus mit Remise in dem überplanten Gebiet fertiggestellt und selber bezogen“, schreibt etwa ein Anwohner. Damals sei ihm gesagt worden, dass das Gebiet als Grüngürtel für Ahaus erhalten bleibt.

Die Planung des Bereiches zum Gewerbegebiet scheine auf den ersten Blick einleuchtend. Unter Betrachtung von Wohnbebauung, Splittersiedlungen, Wald, Feldhecken, Bahntrasse, vorhandenen Gasleitungen und Co. sei es unter Einhaltung der vorgeschriebenen Schutzzonen aber nur schwer möglich, diesen Bereich als Gewerbegebiet auszuweisen.

Viele Bedenken

Ein Landwirt weist darauf hin, dass sein landwirtschaftlicher Vollerwerbsbetrieb durch die Potenzialflächen circa 15 Hektar Pachtfläche und damit ein Drittel der aktuellen Ackerfläche einbüßen könnte. Der Betrieb verliere durch den Wegfall der Flächen die Futtergrundlage der genehmigten landwirtschaftlichen Nutztierhaltung.

An anderer Stelle wird darauf verwiesen, dass die Böden in Ammeln besonders wertvoll seien. Und nicht zuletzt sei das Gebiet ein Erholungsgebiet für Spaziergänger, Jogger und Radfahrer, die in Ammeln die ausgewiesenen Rad- und Wanderwege nutzen.

Nach der Sitzung ärgerten sich die Ammelner vor allem darüber, dass keine der Parteien Stellung zum Inhalt des Regionalplans und der Einwände der Einwohner bezogen habe, so Alfred Mertens. „Trotz der Einwände hat nicht einer den Gedanken gehabt, nochmal einen Blick in den Plan zu werfen.“ Alles in allem habe man aber damit gerechnet, dass der Entwurf durchgewunken wird.

Eines steht für Alfred Mertens und seine Mitstreiter aber jetzt schon fest: Sie wollen nicht aufgeben und weiter für „ihr“ Ammeln kämpfen und gegen die geplanten Änderungen des Regionalplans angehen.