Genüsslich zieht Theo Brunenberg am Zigarillo. „Langsam wird die Kehle trocken“, meint der 63-Jährige und lacht. Nach dem Mittag dürfe ein erstes Bier durchaus sein, er müsse ja heute nicht mehr fahren. Der Niederländer zählt zu den Urgesteinen und „Gesichtern“ des Bikertreffens des BS Binnen Döör Ahaus.
Nach zwei Jahren Corona-Pause konnten die Motorradfreunde am Wochenende endlich wieder die „große Freiheit“ nicht nur auf dem Motorrad, sondern auch in der Gemeinschaft genießen. Genau das habe vielen gefehlt, hört man am Samstag immer wieder.

Als einer der ersten Biker war Theo Brunenberg am Freitag zur Hockeyhalle gereist. Wie seit Jahren schon – und wie so oft gemeinsam mit seinem Bikerfreund Wolfgang aus Rhede. Theo Brunenberg kann sich noch an die Schweinesee-Zeiten des Treffens erinnern. Er kramt sein Smarthone heraus und zeigt, dass es mal Wintertreffen gab, die diesen Namen auch verdienten.
„Wir hatten damals ein Mannschaftszelt, auch viele Frauen waren mit. Die holländischen Frikandeln kamen super an. Drinnen waren es 23 Grad, draußen minus sieben“, blickt der Niederländer zurück. Es lag Schnee zu dieser Zeit. 134 Mitglieder hat übrigens sein Motorradclub bei Roermond, es werde aber auch dort immer ruhiger. Umso mehr habe er sich gefreut, dass aus Ahaus wieder positive Signale kamen.

Corona war für viele Vereine nicht gerade förderlich. Diese Erfahrungen machen auch die Biker, wie man am Samstagnachmittag hört. Mit Ausnahmen: „Wir ziehen das durch“, betont Maik Honekamp vom BS Binnen Döör. Und gerade deshalb sei „Ahaus was Besonderes“, ergänzt Theo Brunenberg. Fast 30 Jahre gibt es den Club mittlerweile. „97/98 hatten wir unser erstes Treffen in Ammeln auf dem Schützenplatz“, erinnert sich Maik Honekamp.
Zum dritten Mal sei man nun an der Hockeyhalle, ergänzt Bernd Menker. Mit wie vielen Gästen er rechnet? „Wer kommt, der kommt.“ Es seien schon mal an die 80, manche kämen einfach auch am Abend zur Party vorbei. Die Antwort kommt genauso entspannt, wie die Atmosphäre ist. Die, die schon da sind, haben es sich am Samstagmittag am Lagerfeuer gemütlich gemacht. Bei Bier und Bratwurst.
Wintertreffen sind beliebt
Bunt gemischt ist die Runde ein paar Meter weiter zwischen den Zelten. Düsseldorf trifft Bottrop oder auch Hopsten – meist nicht zum ersten Mal. Es heißt: Wintertreffen wie hier sind irgendwie beliebter und überleben länger. Warum? Bei den Sommertreffen kämen viele Gruppen nur wegen ihrer Ausfahrten tagsüber.
Die fallen beim Dreikönigstreffen in Ahaus gewöhnlich weg – wenn es nicht gerade zehn Grad bei Sonnenschein ist wie in diesem Jahr. Nach Ahaus kommen die Motorradfans, um sich zu treffen, Kontakte zu pflegen und einfach miteinander ein paar schöne Stunden zu verleben.

Rund 40 Jahre hat die BMW von Jochen Tuente aus Suderwick schon auf dem Buckel. „150.000 Kilometer weg, aber noch mal vom TÜV genehmigt“, erklärt er. Nahe der niederländischen Grenze hat dieser das Motorrad-Gen an Sohn Ole weitervererbt. „Der ist dabei, seit er zwölf ist. Erst hintendrauf, dann mit der eigenen 2-Gang-Mofa. Manches Mal schon abenteuerlich“, berichtet Jochen Tuente. Einige der Teilnehmer kenne er seit 40 Jahren. Er erinnert sich: „Früher haben die Mütter mittags Erbsensuppe gebracht, heute bringen viele die eigenen Kinder schon mit.“
Vielfach fehlt es am Nachwuchs – auch an der Hockeyhalle. Zumindest am frühen Nachmittag noch. Umso mehr freut es den Suderwicker, dass sein eigener Sohn die gleiche Leidenschaft entdeckt hat. Mit Folgen: Ole ist heute selbst Mitglied im Ahauser Club. Übrigens: „Den Theo kenn ich natürlich auch schon lange, ein toller Typ“, schiebt Jochen Tuente noch hinterher. Mit einem sehr aktiven und sozial engagiert Club.

Das Motorrad-Gen hat auch Uwe Balsmeyer aus Tecklenburg weitervererbt, auch dessen Sohn fahre „seit Kindesbeinen“ mit. Uwe ist ein weiteres Unikat in Ahaus, mit Holzschuhen, Hut und markanter Kutte. Und einem ganz besonderen Schmuckstück an Gespann, das schon viel von der Welt gesehen hat, wie die unzähligen Sticker belegen. Hinter dem Beiwagen hat er sich einen mobilen Herd eingerichtet. Das ist Unabhängigkeit pur, wie sie Biker nun mal lieben.
So wie Paul Sudendorf, der auf seiner Triumph von Düsseldorf wieder einmal Ahaus angesteuert hat. Er nennt einen weiteren Grund, warum Ahaus „etwas Besonderes“ ist: die Herzlichkeit. „Wenn du hier ankommst, gibt’s sofort den ersten Kaffee zum Aufwärmen. Da musst du nicht lange fragen“, erzählt der Düsseldorfer.
Mitglieder bleiben Club treu
Auch wegen des starken Zusammenhalts hat sich das Dreikönigstreffen über Jahrzehnte etabliert. „Die Ursprünge des Clubs gehen auf die Messdienerzeit in St. Josef zurück“, weiß Jens Pirec zu berichten: „Wir haben irgendwann gemerkt, dass viele von uns das gleiche Hobby gefunden hatten.“ Der BS Binnen Döör war gegründet.
Dem Mitglieder auch treu bleiben, obwohl sie längst weggezogen sind. Wie Jens Pirec nach Köln – oder aber nach Hamburg, Aschaffenburg oder auch Berlin. Somit ist das Bikertreffen irgendwie auch eine große Sternfahrt.

Nach und nach trudeln weitere Biker am Samstagnachmittag ein – auch wegen der großen Bikerparty mit den legendären Burgern, mit Armdrücken und Feuerzangenbowle am Abend. Andere fahren weiter. So wie vorübergehend auch Jochen Tuente: „Ich wollte mal kurz die Nähe zu Obelink nutzen.“ Paul Sudendorf lässt sich nicht zweimal bitten und fährt mit. Wie? „Binnen döör.“
