
© Dunavölgyi Zsolt
Bodybuilderin aus Ahaus träumt vom Mr. Olympia Wettbewerb in Las Vegas
Bodybuilding
Claudia Thomasson (19) ist Österreichische Meisterin in der Bikini-Klasse. Wie sie zum Bodybuilding gekommen ist und wie es sich anfühlt, halbnackt auf der Bühne zu stehen.
Um fünf Uhr morgens aufstehen und eine halbe Stunde Cardio auf dem Fahrrad, nachmittags zwei Stunden Training im Fitnessstudio und abends noch einmal eine Stunde Cardio – so sieht der aktuelle Trainingsplan von Claudia Thomasson aus. Die ehemalige Ahauserin lebt in Wien und ist mit nur 18 Jahren Österreichische Meisterin beim Bodybuilding in der Bikini-Klasse geworden. In drei Wochen nimmt sie an ihrem vierten Wettkampf teil. Außerdem hat sie in diesem Jahr ein Start-up gegründet, mit dem sie Personal Trainings anbietet.
Claudia Thomassons Body-Building-Karierre ist vor ungefähr drei Jahren in Ahaus gestartet. Nachdem sie und ihr damaliger Freund sich 2017 trennten, fängt sie mit dem Trainieren an. „Ich hatte immer schon mit dem Gedanken gespielt, mich im Fitnessstudio anzumelden. Dann habe ich gemerkt: Ich brauche wieder was Eigenes, was nur mein Ding ist“, erzählt die heute 19-Jährige.
Aus einem Hobby wird langsam mehr
Erst trainiert sie auf den Fitnessgeräten im Keller eines Kumpels. Dann, um den Weg zum Training zu verkürzen, geht sie regelmäßig in das Fitnessstudio Clever Fit in Ahaus.
Das Training wird ihr schnell wichtiger. Claudia Thomasson fängt an, sich einzulesen und zu informieren – über die richtigen Trainingseinheiten und eine Ernährungsumstellung. Anfang 2018, in dem Jahr, in dem sie am Alexander-Hegius-Gymnasium ihr Abitur macht, erzählen ihr Freunde aus dem Fitnessstudio etwas von Muskelaufbau und Diät.
„Für mich waren das jetzt keine Fremdwörter, aber ich hatte das auch noch nie ausprobiert“, so die Studentin. Prompt ist ihr Ehrgeiz geweckt: „Ich bin so ein Mensch, der immer weiter kommen und besser werden will.“
Aus anfänglichen Fehlern gelernt
Claudia Thomasson beginnt mit ihrer ersten Muskelaufbauphase. „Heute würde ich das nicht mehr so machen. Im Internet steht halt viel Müll“, sagt sie. Die 19-Jährige erzählt, dass sie viel mehr gegessen hat als gut gewesen wäre, nämlich immer dann, wenn sie Hunger hatte. Einen genauen Essensplan wie heute hatte sie damals noch nicht. „Da bin ich natürlich aufgegangen wie ein Schwamm.“
Nach zwei Monaten Muskelaufbau folgt die Diätphase und einige Monate später auch der Umzug nach Wien. Dort angekommen sucht sie sich direkt ein Fitnessstudio in der Nähe. „Das Training hatte da schon Priorität für mich.“

Claudia Thomasson in Form für die Österreichische Meisterschaft © Dunavölgyi Zsolt
Das Schicksal hilft nach
Obwohl Claudia Thomasson die Aufnahmeprüfung für das Tiermedizinstudium nicht schafft, bleibt sie in Wien. Heute ist sie froh darüber. „Ich glaube, das war Schicksal.“
Dasselbe sagt sie auch über Probleme, die sie mit ihrem Vermieter hatte. Dadurch muss sie sich eine neue Wohnung suchen und wird fündig - rund einen Kilometer entfernt von dem renommierten österreichischen Fitnessstudio Top Gym, in dem schon viele Bodybuilding-Größen trainiert haben.
Dort lernt die Bikiniathletin eine andere Athletin kennen, die ihr gut zuspricht und sagt, sie solle sich doch für den Wettkampf in vier Wochen anmelden.
Posen will gelernt sein
Claudia Thomasson ist zwar schon gut in Form, muss aber vor allem an dem Posing, also der Bühnenpräsentation arbeiten. In einem Regelbuch sind ganz bestimmte Posen und Bewegungen vorgeschrieben, die sie anfängt zu lernen. „Das hab ich in der Zeit aber nicht richtig geschafft, das war eine Katastrophe“, sagt sie rückblickend.
Damals hat sie jedoch viel Zuspruch bekommen. Schließlich hat sie mit nur 17 Jahren an ihrem ersten Wettkampf teilgenommen. Aber wie fühlt es sich an, sich vor allen Leuten im Bikini zu präsentieren?
„Das war schon komisch, mir war ein bisschen unwohl dabei. Man ist halt nicht am Strand, sondern läuft halbnackt in einem Einkaufscenter über die Bühne. Das ist schon etwas anderes“, gibt Claudia Thomasson zu.
Für die Europameisterschaft qualifiziert
Bei ihrem zweiten Wettkampf, der Österreichischen Meisterschaft im Mai 2019, fühlt sich das ganz anders an. „Da war ich schon stolz, schließlich präsentiert man ja die Arbeit des letzten halben Jahres“, sagt Claudia Thomasson.
Und die zahlt sich aus, denn die ehemalige Ahauserin holt den ersten Platz und qualifiziert sich somit für die Europameisterschaft eine Woche später in Budapest. Dort schafft sie es nicht so weit. „Für die Junioren-Klasse hatte ich schon zu viel Muskelmasse, für die offene Klasse bei den Erwachsenen zu wenig“, erklärt sie.

Claudia Thomasson und Team bei der Europameisterschaft © Dunavölgyi Zsolt
Durchgeplante Tage und Stress gehören dazu
Aber davon lässt sie sich nicht unterkriegen. In drei Wochen geht es zum Wettkampf nach Warschau. Die Wochen davor sind besonders hart für die 19-Jährige. „Ich esse 2000 kcal am Tag, aber weil ich so ein hohes Sportpensum fahre, ist das gerade sehr wenig.“ Essen und Traningseinheiten sind genau durchgetaktet, Ausnahmen gibt es nicht. Zwichendurch muss die Ernährungswissenschafts-Studentin für die Uni lernen und Personal Trainings leiten.
Zeit für Freunde bleibt da so gut wie gar nicht. Obwohl ihr das Bodybuilding Spaß macht, kommen auch immer mal wieder Zweifel hoch, erzählt die 19-Jährige. Aber: „Abbrechen käme für mich nicht in Frage.“ Schließlich hat sie ein großes Ziel vor Augen: den weltweit wichtigsten Bodybuilding Wettbewerb, der in Las Vegas stattfindet. „Ich weiß, wenn ich zu Mr. Olympia will, muss ich jetzt die Zeit investieren.“
Der Wettkampf in Polen ist ein erster Schritt in Richtung des großen Ziels. Dort hat sie die Möglichkeit, eine Profikarte zu gewinnen und damit an Profiwettbewerben teilzunehmen. Nur wer bei diesen Wettbewerben genügend Punkte sammelt, kann sich für Mr. Olympia qualifizieren.
Das Ziel erreichen - ohne Anabolika
Trotz des Drucks und der Konkurrenz bei Wettkämpfen, sind Anabolika für Claudia Thomasson ein klares No-Go. „Ich finde schade, wie sich das im Leistungssport entwickelt. Da ist sowas normal und man braucht das, um weiter zu kommen“, gibt sie zu. Um in der Bikini-Klasse zu bleiben, darf sie allerdings nicht mehr Muskeln aufbauen. Das ist einer der Gründe, warum Aufputschmittel für sie nicht zur Debatte stehen.
Die 19-Jährige will sich ohne irgendwelche fragwürdigen Hilfsmittel weiter entwickeln und das Ganze entspannt angehen. Mit Blick auf ihren Traum von Mr. Olympia sagt sie: „Es ist ein Vorteil, dass ich so jung bin, dann habe ich noch genug Zeit dafür.“
Das Praktikum bei der Münsterland Zeitung hat mich für den Journalismus begeistert. Also ging es nach Dortmund, um Journalistik zu studieren. Wenn ich wieder in der Heimat bin, liebe ich es über Themen zu berichten, die die Menschen hier bewegen.
