Berkin Ekici hat auf Bundesebene den Wettbewerb „Die Gute Form im Handwerk“ gewonnen. Bei Böcker Gesunde Schuhe hat der 21-Jährige seine Ausbildung als Orthopädieschuhmacher mit Bravour bestanden. Und er ist nicht der erste ehemalige Azubi von Böcker, der bundesweit von sich reden macht: „Mit allen Kammer- und Landessiegern kommen wir mit Sicherheit auf über 30 Auszeichnungen“, sagt Inhaber Christoph Böcker (54).
Der Orthopädieschuhmachermeister freut sich natürlich für seine Auszubildenden. „Aber für die Firma ist das natürlich auch gut“, sagt er und lacht. Über 30 Mal hätten die Azubis des Unternehmens aus Ahaus über die vergangenen Jahre und Jahrzehnte bei den Wettbewerben abgeräumt. Auch mehrere Bundessieger seien schon darunter gewesen.
Doch wo liegt das Geheimnis für die offenbar besonders gute Ausbildung in den Werkstätten von Böcker? Christoph Böcker ist einen Moment ratlos. Er sieht zu Wolfgang Bröring hinüber. Auch der zuckt erst einmal mit den Schultern. Der heute 62-Jährige war der erste Auszubildende von Firmengründer Felix Böcker. Danach hat er 29 Jahre als Ausbilder im Berufsbildungswerk Maria Veen gearbeitet. Seit fünf Jahren ist er wieder bei Böcker, kümmert sich auch hier mit seinem Sohn Kai vor allem um die Ausbildung. „Das liegt mir einfach“, sagt er.
Das Besondere sei vielleicht die Philosophie insgesamt. „Qualität steht an erster Stelle“, sagt er. Christoph Böcker nickt. „Zeit spielt erst einmal keine Rolle“, ergänzt er. Auch würden die Auszubildenden ab dem ersten Tag an echten Aufträgen arbeiten. „Und zwar so lange, bis es perfekt ist“, macht Christoph Böcker deutlich. So würden sie die Grundlagen lernen. Und auf dieser Grundlage lasse sich dann vernünftig aufbauen. „Die Geschwindigkeit kommt irgendwann von selbst“, erklärt Wolfgang Bröring.

Als Ausbilder und langjähriges Mitglied im Prüfungsausschuss habe er einen guten Überblick über die Branche. „Man sieht sofort, welcher Lehrling und welche Arbeit aus welchem Betrieb stammt“, sagt er. So wie die Auszubildenden bei Böcker werde kaum jemand auf die Prüfungen vorbereitet. „Einfach, weil nicht so viel Wert auf die Ausbildung gelegt wird“, erklärt er. Oft genug würden Azubis noch als billige Arbeitskräfte und ihre Ausbildung als notwendiges Übel gesehen.
Ein Beispiel: In vielen Betrieben gebe es einen festen Prüfungsleisten. Jahr für Jahr würden die Prüflinge daran ihre Gesellenstücke machen. Quasi nach einem festen Schema. „So etwas gibt es bei uns nicht“, sagt Christoph Böcker. Mit jedem Auszubildenden werde individuell ein Projekt für die Prüfung ausgesucht und erarbeitet. „Um die Stärken jedes Einzelnen hervorzuheben“, erklärt Wolfgang Bröring.
Ohne Praktikum geht nichts
Die Azubis bei Böcker durchlaufen dabei eigentlich schon die erste genaue Auswahl, bevor sie überhaupt ihren Ausbildungsvertrag unterschrieben haben: „Ohne Praktikum gibt es keine Ausbildung“, sagt Christoph Böcker. Denn es gehe kaum um Schulnoten. „Handgeschick und Augenmaß sind tausendmal wichtiger.“ Denn bei orthopädischen Schuhen gebe es eben keinen Standard. Alle Modelle seien ganz individuelle Anfertigungen. „Und an manchen brauchst du nur vorbeizulaufen, da siehst du schon aus der Entfernung, dass das einfach nicht passt“, fügt Wolfgang Bröring hinzu.
Zusätzlich zu diesen notwendigen Begabungen, unterstützt das Unternehmen seine Azubis aber auch: mit eigenem theoretischen Unterricht. „Um den Unterricht in der Berufsschule weiter zu vertiefen. Und um ihn in die Praxis zu übertragen“, erklärt Christoph Böcker. Ein Ansatz, den das Unternehmen mit seinen 20 Mitarbeitern schon seit Jahren verfolge. Seit 2001 führt er den Betrieb in zweiter Generation. Sein Vater Felix hatte das Unternehmen 1974 gegründet. Doch die Schuhmachergene reichen noch weiter zurück. „Schon mein Großvater war Schuhmachermeister“, sagt Christoph Böcker.

Bewerber mit persönlichem Bezug
Auch viele Bewerber hätten so eine Vorprägung. Entweder weil das Schuhmacherhandwerk in der Familie liege oder weil sie selbst oder Angehörige auf orthopädische Schuhe angewiesen seien. Über Bewerbermangel mag Christoph Böcker nicht klagen. Ja, es seien schon mal mehr Bewerbungen gekommen, aber bisher habe er noch jede Stelle besetzen können. Im kommenden Jahr soll es vielleicht sogar zwei Azubis bei Böcker geben.
„Das Handwerk kommt ja wieder mehr in den Vordergrund“, sagt er. Gleichzeitig möchte er aber insgesamt eine Lanze für den Beruf des Orthopädieschuhmachers brechen: Der sei unglaublich vielseitig. „Mittlerweile gibt es ja auch nicht nur die Ausbildung“, sagt er. Auch ein Studium in Orthopädieschuhtechnik komme infrage. Gleichzeitig seien die Wege nach der Ausbildung offen: „Viele gehen auch in Richtung Sportwissenschaft oder Biomechanik weiter.“
Festakt in Augsburg
Doch jetzt soll erst einmal die Auszeichnung gefeiert werden. Die wird an diesem Freitag (9. Dezember) in Augsburg überreicht. Natürlich ein Grund für eine gemeinsame Fahrt nach Bayern. Denn der Erfolg scheint dabei nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Familie zu liegen: Clara Böcker, Christoph Böckers Tochter, hat gerade in Bremen ihre Ausbildung zur Orthopädieschuhmacherin gemacht.
Mit ihrer Prüfungsarbeit ist sie gerade Bundessiegerin beim Bundeswettbewerb und Zweitplatzierte beim Wettbewerb „Die Gute Form“ geworden. „Doppelter Grund zu feiern“, sagt Christoph Böcker mit von Vaterstolz geschwellter Brust.