Autodiebstahl ohne Folgen? Warum das Verfahren eingestellt wurde

Autodiebstahl ohne Folgen? Warum das Verfahren eingestellt wurde
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Eine Entscheidung des Ahauser Amtsgerichtes könnte bei dem ein oder anderen für Verwirrung sorgen: Ein Mindener soll ein gestohlenes Auto Anfang 2023 zu Schrott gefahren haben – so lautete zumindest der Anklagevorwurf der Staatsanwaltschaft. Der Angeklagte erschien aber nicht zu dem Prozess am Dienstag (28. Januar). Die Zeugen wurden also auch nicht angehört. Und trotzdem wird das Verfahren gegen den Mindener eingestellt. Obwohl der Angeklagte schon mal eine Strafe im Gefängnis abgesessen hat und es auch nach der angeklagten Tat weitere Urteile gegen ihn gab.

Aber zurück zum Anfang: Warum fehlte der Angeklagte? Klar war: Es lag eine Einwohnermeldeamt-Auskunft vor, so der Richter. Benedikt Vieth, Direktor des Amtsgerichts, erklärt, dass somit sichergestellt ist, dass die Ladung ordnungsgemäß zugestellt wurde. Ob der Angeklagte sich zu dem Zeitpunkt wirklich an der Adresse aufgehalten hat, könne natürlich nicht festgestellt werden, fügt er hinzu.

Amtsgericht in Ahaus (Symbolbild)
Gegen den Mindener wurden nach der angeklagten Tat zahlreiche Strafbefehle auch von anderen Gerichten erlassen (Symbolbild). © Markus Gehring

An dieser Stelle sollte einmal hervorgehoben werden, dass die Unschuldsvermutung gilt, vor allem wenn ein Verfahren eingestellt wurde. Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten neben dem Autodiebstahl Fahren ohne Fahrerlaubnis vor. Das Ganze: im Vollrausch. Sein Promillewert betrug über zwei Promille, erklärt Benedikt Vieth. Der entstandene Schaden soll mehrere Tausend Euro betragen, so der Amtsgerichtsdirektor.

Wieso stellt das Gericht nun das Verfahren für die angeklagte Tat einfach ein – ohne den Angeklagten und ohne Zeugenaussagen? Kurz gesagt: ohne die Schuldfrage vor Gericht zu klären.

Zahlreiche Folgetaten

Bei einem neuen Gerichtstermin hätte der Angeklagte vorgeführt werden müssen. Davon erhoffte sich der Richter aber nicht viel: „Solche Leute sind hochmobil und so schnell weg“, sagt er. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Polizei den Mindener an seiner Meldeadresse antrifft, sei schwindend gering. „Der Aufenthaltsort ist nicht hinreichend bekannt“, sagt Benedikt Vieth.

Eine weitere Möglichkeit wäre das Erlassen eines Strafbefehls. Das ist für Folgetaten des Mindeners, die nach dem angeklagten Diebstahl stattfanden, schon geschehen. „Nach der angeklagten Tat liegen noch zahlreiche Strafbefehle auch von anderen Gerichten vor“, so der Amtsgerichtsdirektor.

Im Gerichtssaal wird klar: Bei diesen Strafbefehlen handelt es sich um Geldstrafen, die der Mindener noch nicht bezahlt hat. Zahlt er diese nicht, droht ihm eine Ersatzfreiheitsstrafe. Der Amtsgerichtsdirektor vermag weder abzuschätzen, wie lange diese dauern würde, noch wann es dazu kommen könnte.

Verfahrenseinstellung

Das Gericht kam am Dienstag (28. Januar) zu dem Schluss, das Verfahren rund um den Autodiebstahl aus 2023 einzustellen. Dabei würden der vorliegende Tatvorwurf und die noch ausstehenden offenen Strafen abgewogen werden. „Im Hinblick auf die ohnehin noch im Raum stehenden offenen Strafen“ sei es vertretbar, das Verfahren einzustellen, erklärt Benedikt Vieth die Entscheidung des Gerichts. Der vorliegende Tatvorwurf falle nicht so sehr ins Gewicht. Denn die ihm ohnehin drohende Strafe sei deutlich höher. Der Autodiebstahl von Anfang 2023 beeinflusst aufgrund der Einstellung diese nicht mehr, so der Amtsgerichtsdirektor.

Die Geschädigten können weiterhin zivilrechtlich gegen den Mindener vorgehen, so Benedikt Vieth. Dabei bleibt fraglich: Wenn der Angeklagte schon die Geldstrafen nicht zahlen kann, wie soll er dann den Schaden ersetzen?

So selten, wie es auf den ersten Blick klingt, scheint der Fall nicht zu sein. Dass ein Verfahren eingestellt wird im Hinblick auf andere Straftaten, passiere schon mal, erklärt der Amtsgerichtsdirektor.