Aufwendige Sanierung Bernd Eylert (72) liebt sein Elternhaus an der Hindenburgallee

Aufwendige Sanierung: Bernd Eylert liebt Elternhaus an der Hindenburgallee
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Wenn Bernd Eylert von seinem Elternhaus an der Hindenburgallee spricht, bekommt er glänzende Augen. Der 72-Jährige, der eigentlich Bernhard heißt und auch einen Prof. Dr. im Namen führt, blickt gerade auf fast drei Jahre Sanierung und Renovierung an dem Gebäude mit der Hausnummer 16 zurück. Schon fast zärtlich streicht er über die neuen Schnittfugen der sanierten Gartenmauer.

Gebaut wurde das Haus 1930 von seinem Großonkel, dem damaligen Leiter des Amtes Wüllen Amtsinspektor Leo Kunst. Kassettenfenster, Ziermauerwerk, Pyramidendach, Buntglasfenster über der Eingangstür, Natursteinböden und Schmuckfliesen im Hausflur, die originalen Türblätter aus Kirschholz, die alte Holztreppe – das Treppenhaus versetzt den Besucher um Jahrzehnte zurück. „Einfach herrlich, oder?“, sagt Bernd Eylert.

Seit September 2020, kurz nachdem sein Vater mit 96 Jahren starb, läuft die Renovierung. Die biegt so langsam in die Zielgerade ein: „Die Fenster müssen noch gemacht werden“, sagt er. Das soll in diesem Jahr passieren. Dann sei zumindest die grundlegende Renovierung abgeschlossen. „Fertig wird man mit so einem Haus ja nie. Das muss man ständig pflegen und hegen“, erklärt er.

Fördermittel für Denkmalschutz

Die Buntglasfenster im Bauhaus-Stil sind nur ein kleiner Teil der besonderen Details des Gebäudes, das 1930 an der Hindenburgallee errichtet wurde. Im Gegensatz zu den Häusern in der Nachbarschaft steht es unter Denkmalschutz.
Die Buntglasfenster im Bauhaus-Stil sind nur ein kleiner Teil der besonderen Details des Gebäudes, das 1930 an der Hindenburgallee errichtet wurde. Im Gegensatz zu den Häusern in der Nachbarschaft steht es unter Denkmalschutz. © Stephan Rape

Allein der jetzige Teil – die gewölbten Fenster an der Straßenseite, die Fugen, die Gartenmauer und der Treppenaufgang zur Haustür – hat rund 110.000 Euro verschlungen. Gut 52.000 Euro wurden durch Fördermittel gedeckt. Allein 20.000 Euro hat die Deutsche Stiftung Denkmalschutz übernommen, deren Leiterin des Ortskuratoriums Münster Sigrid Karliczek am Donnerstag den Scheck überreicht.

Sigrid Karliczek (r.) von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hat am Donnerstag den Scheck über 20.000 Euro Fördermittel für die Sanierung des Gebäudes überreicht. Mit den Eigentümern Bernd und Dorothee Eylert freuten sich Bürgermeisterin Karola Voß (l.) und Vertreter der Ahauser Verwaltung.
Sigrid Karliczek (r.) von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz hat am Donnerstag den Scheck über 20.000 Euro Fördermittel für die Sanierung des Gebäudes überreicht. Mit den Eigentümern Bernd und Dorothee Eylert freuten sich Bürgermeisterin Karola Voß (l.) und Vertreter der Ahauser Verwaltung. © Stephan Rape

„Das ist für Ahaus schon ein besonderes Gebäude“, sagt auch der Technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner. In den vergangenen Jahrzehnten seien in Ahaus und den Ortsteilen viele alte Häuser verschwunden. Ganz klar ein Verlust. Umso wichtiger sei es, die noch bestehenden Denkmäler oder solche Gebäude, die es werden könnten, zu bewahren. Das wiederum funktioniere aber nur, wenn die Eigentümer für das Gebäude und den Denkmalschutz brennen würden.

Viele Geschichten zu den Details

Das tut Bernd Eylert und gerät schon wieder ins Schwärmen. Jede Wand, jede Mauer, die Fenster und Türen, zu jeder scheinbaren Kleinigkeit kann er eine eigene Geschichte erzählen. Etwa zu den beschädigten Klinkersteinen an der westlichen Wand: „Einschusslöcher aus dem Zweiten Weltkrieg“, sagt er knapp. Seine Eltern hätten sich dazu entschlossen, dass diese Schäden nicht beseitigt werden. Und so bleiben die Steine unberührt.

Blick durchs Treppenhaus: Selbst die Farben für Stufen und Geländer wurden originalgetreu wie in den 1930er-Jahren gewählt. Nicht nur was den Farbton, sondern auch die Qualität angeht.
Blick durchs Treppenhaus: Selbst die Farben für Stufen und Geländer wurden originalgetreu wie in den 1930er-Jahren gewählt. Nicht nur was den Farbton, sondern auch die Qualität angeht. © Stephan Rape

Oder zur Garage, die irgendwann in den 1960er-Jahren angebaut wurde und für die alte Türen aus dem Innern zu Toren umgebaut wurden. „Die würde man heute wohl so nicht mehr bauen“, sagt er schmunzelnd. „Und auch nicht genehmigt bekommen“, fügt Thomas Hammwöhner laut lachend hinzu. Oder die großen Fenster am Wintergarten: „Die hat mein Vater mit mir in den 1960ern eingebaut“, erinnert er sich.

„Jeder Architekturstudent kennt den Begriff Kaffeemühlenhaus“, sagt er. Eben ein typisches Wohnhaus der 1920er- bis 1930er-Jahre. Auch die innere Aufteilung sei ganz typisch: Im Erdgeschoss Wohn- und Esszimmer sowie Küche, im ersten Stock die Schlafzimmer. „Der Dachboden wurde erst nach dem Krieg ausgebaut, weil damals ausgebombte Familien aus Ahaus dort mit untergebracht werden mussten.

Das Haus an der Hindenburgallee um 1954, damals noch mit der doppelten Reihe Bäume entlang des Gehwegs. Mitte der 1960er-Jahre war Bernd Eylert mit seinen Eltern nach Ahaus gezogen. Das Haus hatte 1930 sein Großonkel Amtsinspektor Leo Kunst gebaut.
Das Haus an der Hindenburgallee um 1954, damals noch mit der doppelten Reihe Bäume entlang des Gehwegs. Mitte der 1960er-Jahre war Bernd Eylert mit seinen Eltern nach Ahaus gezogen. Das Haus hatte 1930 sein Großonkel, Amtsinspektor Leo Kunst, gebaut. © privat

Insgesamt „nur“ rund 120 Quadratmeter Wohnfläche kommen so zusammen. „Aber wer hat schon so ein Treppenhaus?“, freut er sich und deutet die drei Stockwerke hinunter. Der Treppenläufer fehlt noch und auch die eisernen Tore für die Gartenmauer müssen noch geliefert werden. Aber das eile ja nicht. Hauptsache, es sieht am Ende wieder original aus.

Auf einen Punkt ist er auch heute noch stolz, als er auf die 90 Jahre alte Stadtfahne zeigt, die am Donnerstag an der Fassade hängt: „Hier hat nie eine Hakenkreuzfahne gehangen“, sagt er. Sein Großonkel habe deswegen während der Nazi-Diktatur Probleme bekommen, sei aus dem Amt entfernt worden. „Dafür durfte er nach dem Krieg dort wieder einziehen“, erzählt er. Ganz im Gegensatz zu den Nachbarn – etwa dem damaligen Ortsgruppenleiter der NSDAP in Ahaus, der ein Haus weiter gewohnt habe.

„Ich bleibe im Herzen Ahauser“

Bernd Eylert, der mit seiner Frau in Münster lebt, ist regelmäßig in Ahaus. Von einem dauerhaften Umzug an die Hindenburgallee mag er dennoch nicht reden. „Dafür hängt meine Frau zu sehr an Münster.“ Aber er sei ja auch so Ahauser: „Ich weiß, wo meine Wurzeln sind und bleibe im Herzen Ahauser.“

Auch an einen Verkauf sei überhaupt nicht zu denken: „Ich habe meinen Eltern vor Jahrzehnten schon versprochen, dass ich das Haus halten werde“, sagt er. Vor mittlerweile gut 40 Jahren habe er das Gespräch mit ihnen und seiner Schwester geführt. „Hier am Esstisch“, sagt er und deutet ins Esszimmer. Und daran werde natürlich auch jetzt nicht mehr gerüttelt.

„Außerdem sind meine Enkel begeistert von dem Haus“, sagt er und hat wieder dieses Strahlen in den Augen. Es gebe also keinen Grund, dass das Haus nicht auch in vierter oder sogar fünfter Generation in der Familie bleibe.