Atommüll in Ahaus BI will Endlagersuche nicht beschleunigen, aber auch kein „Weiter so“

Endlagersuche nicht beschleunigen, „Weiter so“ darf es nicht geben
Lesezeit

Die Suche nach einem Endlager für hochradioaktive Abfälle zieht sich erheblich länger hin, als in allen bisherigen Konzepten geplant. Frühstens 2068 wird ein Endlager-Standort feststehen. „Das heißt, dass wir mindestens bis gegen Ende dieses, wahrscheinlich sogar bis ins nächste Jahrhundert mit einer oder mehreren Formen der oberirdischen Lagerung von hochradioaktivem Atommüll zu tun haben werden“, erklären Felix Ruwe und Hartmut Liebermann von der Bürgerinitiative „Kein Atommüll in Ahaus“.

Auch in Ahaus werde rechtzeitig vor Ablauf der Genehmigung des Ahauser Zwischenlagers eine „verlängerte Zwischenlagerung“ auf den Weg gebracht. Die BI überrascht das nicht. „Wir haben schon 1977 davor gewarnt, dass sich ein Zwischenlager in Ahaus zu einem Dauerlager entwickeln könnte“, macht Hartmut Liebermann deutlich.

Für die BI steht aber fest, dass es ein „Weiter-so“ nicht geben dürfe: Die bestehende Zwischenlagerung dürfe nicht einfach verlängert werden. Das gelte sowohl für das Gebäude als auch für die eigentlichen Atommüll-Behälter. Die Genehmigung für das Gebäude laufe bis 2036, einige Behälter würden sogar schon 2032 ihre bisherige Genehmigung überschreiten. Die BI hat deswegen am Montag (26. August) ein aktuelles Standpunkt-Papier veröffentlicht. Damit wollen sich die Mitglieder künftig in den anstehenden Verfahren positionieren.

Felix Ruwe in Ahaus
Felix Ruwe, einer der Sprecher der BI „Kein Atommüll in Ahaus“, hat zusammen mit seinen Mitstreitern eine Liste von Forderungen aufgestellt. Nur wenn alle Punkte erfüllt werden, sei eine längere Lagerung von Atommüll in Ahaus hinnehmbar. © Anke Wittlerbäumer (Archiv)

Die Mitglieder aus Ahaus und Umgebung machen deutlich, dass eine bloße Verschiebung des Atommülls an einen anderen Standort keine Entsorgung darstelle. Durch die Transporte berge das nur zusätzliche Risiken. So ein Abtransport ergebe nur dann Sinn, wenn die Lagerung an einem qualitativ deutlich sichereren Standort möglich wäre.

Kein St.-Florians-Prinzip

Diesen Verzicht auf das St.-Florians-Prinzip erwarte die BI auch von anderen: Weitere Transporte von hochradioaktivem Atommüll nach Ahaus seien deshalb strikt zu vermeiden, besonders für die Brennelemente aus den Forschungsreaktoren in Jülich und Garching. „Wir begrüßen und unterstützen alle rechtlichen Schritte, die die Stadt Ahaus und andere dagegen unternehmen“, schreiben die Mitglieder weiter.

Ausdrücklich fordere die BI nicht, die Endlagersuche so zu beschleunigen: „Sicherheit und Ergebnisoffenheit müssen hier unbedingt vor Schnelligkeit gehen“, erklärt Hartmut Liebermann. Politischer Druck auf die Sachverständigen sei unbedingt zu vermeiden. „Allerdings erwarten wir regelmäßig Berichte über die erreichten Zwischenziele und die kontinuierliche Einbeziehung der Öffentlichkeit“, ergänzt Felix Ruwe.

Punkte für langfristige Lagerung

Für die Planung einer längerfristigen Lagerung von hochradioaktivem Atommüll in Ahaus müssen aus Sicht der BI folgende Punkte erfüllt werden:

  • ein komplett neues Genehmigungsverfahren mit umfassender Öffentlichkeitsbeteiligung und juristischen Einspruchsmöglichkeiten. Regeln für Neu-Genehmigung und Sicherheitsüberprüfung des Langzeitlagers müssen auf Basis des dann aktuellen Standes von Wissenschaft und Technik kontinuierlich aktualisiert werden.
  • Die Neugenehmigung soll auf maximal 20 Jahre befristet werden, um den dann jeweils geltenden Stand von Wissenschaft und Technik sicherzustellen und rechtlich einfordern zu können.
  • Sicherheitsnachweise für Castor-Behälter dürfen nicht nur auf Berechnungen basieren. Es ist ein umfassendes Forschungsprogramm nötig, das das Verhalten aller infrage kommenden Behältertypen und ihres Inhalts über den absehbar langen Zeitraum untersucht. Das Forschungsprogramm der BGZ gehe in die richtige Richtung, reiche aber nicht aus. „Da es zum Beispiel nicht alle Brennelement- und Behältertypen berücksichtigt“, erklärt Hartmut Liebermann.
  • Errichtung und Betrieb einer „Heißen Zelle“ dürfen in Ahaus auch für die Langzeitlagerung nicht genehmigt werden. Die Reparatur defekter Behälter, die eine Behälteröffnung erforderlich macht, darf nicht in Ahaus erfolgen.
  • Behälter mit beschädigtem Dichtungssystem oder aufgeschweißtem Fügedeckel müssen zeitnah abtransportiert und an einem geeigneten Ort umgeladen werden in Behälter mit funktionierendem Doppeldeckel-Dichtungssystem.
  • Für mögliche Abtransporte müssen Transportfahrzeuge für alle Behältertypen, auch mit aufgeschweißtem Fügedeckel, zur Verfügung stehen.
  • Sicherungsnachweise gegenüber Angriffen müssen stets die aktuellen Waffensysteme und Cyberangriffsmöglichkeiten berücksichtigen.
  • Sicherheits- und Sicherungsnachweise dürfen nicht nur auf die Behälter beschränkt werden: Auch das Gebäude muss einen Beitrag vor allem zur Sicherung leisten. Das ist bei dem bestehenden Lagergebäude in Ahaus bisher nicht der Fall. Die BI fordert daher einen Lagerneubau mit einer erheblich dickeren Wand- und Deckenstärke. Sie muss mindestens den Dimensionen des neuen Zwischenlagers in Lubmin – Wandstärke von 1,70 Meter – entsprechen. Als Alternative wäre auch eine oberflächennahe Lagerung in einem verbunkerten Gebäude unter der Erde denkbar. Dieser Neubau muss rechtzeitig vor 2036 geplant und fertiggestellt sein.
  • Solange es keine entsprechende Neugenehmigung für das Brennelemente-Zwischenlager Ahaus (BZA) und kein Langzeit-Risikomanagement für die Atommüll-Behälter gibt, ist jede weitere Transport- und Einlagerungsgenehmigung in das Lager für uns inakzeptabel.

Zum Thema

BI ruft zu Demonstration auf

Die Bürgerinitiative aus Ahaus und eine ganze Reihe weiterer Anti-Atomkraft-Initiativen rufen am Sonntag, 15. September, zu einer großen Demonstration auf. Dafür sollen auch schon Landwirte ihre Teilnahme zugesagt haben. Sie wollen sich mit ihren Traktoren an dem Demonstrationszug beteiligen.

Die Kundgebung beginnt um 14 Uhr am Rathaus. Von dort zieht die Demonstration zur Kreuzung Schorlemerstraße/Schumacherring. Dort ist eine Abschlusskundgebung mit Redebeiträgen und Musik geplant.

Demo in Ahaus
Für gewöhnlich ist die Resonanz auf die Demo-Aufrufe der BI überschaubar. Für den 15. September haben sich die Atommüll-Gegner Verstärkung geholt: Landwirte wollen die Demonstration mit ihren Maschinen unterstützen und durch Ahaus fahren. © Anke Wittlerbäumer (Archiv)