Er hängt die Gitarre an den Nagel. Zumindest die Professionelle: John Graye, bürgerlich Werner Backhaus aus Ahaus, beendet seine Karriere. Seit Anfang der 1970er-Jahre stand er über 1000 Mal auf der Bühne. In verschiedenen Rock- und Popbands, als Gitarrist, Schlagzeuger und Sänger. Zuletzt war er solo unterwegs, veröffentlichte vor zwei Jahren sein erstes Soloalbum „Finally“. Jetzt soll Schluss sein.
„Ich habe mein Business abgemeldet“, sagt er. Das eigene kleine Label, unter dem er zuletzt sein eigenes Album vertreiben wollte. Aber das sei natürlich nur der professionelle Teil. Der Vertrieb seines Albums und die bezahlten Auftritte. „Die künstlerische Tätigkeit lässt sich ja nicht einfach abmelden“, sagt er augenzwinkernd.

Seine Leidenschaft für Musik bleibe. Sie habe ihn ein Leben lang begleitet – neben der Karriere als Diplomat in Indien, Russland und in den USA. „Aber ich bin jetzt 72, und ich muss gestehen, dass meine Reiselust etwas gebremst ist“, gibt er zu. Die Musik sei jetzt nur noch ein schönes Hobby.
„Seit ich 18 bin, habe ich regelmäßig auf der Bühne gestanden“, sagt er. Zunächst in der Köln-Bonner Rockszene. Geboren in Bonn, blickt er auf Auftritte beim Leverkusener Jazzfestival, am Kölner Tanzbrunnen und regelmäßig beim Dies Academicus auf der Bonner Hofgartenwiese zurück. „Dazu kommen die in kleinen und großen Clubs“, blickt er heute zurück.
Auch später, als Diplom-Sozialpädagoge und im Auswärtigen Dienst, habe Musik immer eine große Rolle für ihn gespielt: So gründete und leitete er beispielsweise das Schulorchesters der Deutschen Schule in Mumbai, Indien.
Er möchte auch weiter auf der Bühne stehen. Allerdings mit deutlich gedrosselter Schlagzahl. Beispielsweise in Kürze in Essen mit einer Bigband.
Seit 23 Jahren lebt er in Ahaus, hat auch hier längst musikalische Wurzeln geschlagen. Etwa mit den „Boldies“, einer Band aus Ahaus. Auch sie soll noch einmal den Weg aus dem Probenkeller auf die Bühne schaffen.
Soloalbum wird verschenkt
„Corona hat ja alles unterbrochen“, erklärt er. Auch die Wege der „Rentnerband“ wie er die Boldies nennt. Ob deswegen der Neustart klappt, mag er noch nicht abschätzen.
Sein Soloalbum „Finally“, das er 2020 unter eigenem Label veröffentlicht hat, ist ihm aber zu schade, dass es nun ungenutzt in der Ecke verstaubt. Verkaufen könne er den Restbestand ja nicht mehr. Da würde schon das Finanzamt nicht mitspielen – den professionellen Part gibt er schließlich auf.
Etliche Exemplare hat er noch im Keller. „Die Musik muss man schon mögen“, gibt er zu. Zehn Titel hat er darauf versammelt. Weder Mainstream noch up to date, wie er einräumt. Es seien „romantische Lovesongs“. Irgendwo zwischen Pop, Rock und Country. Texte mit autobiografischen Zügen.
Einige Restbestände des Albums habe er noch zuhause. Die will er jetzt an die Ahauser verschenken. Einmal habe er das schon in der Innenstadt gemacht. „Ich hab mich einfach vor die Menschen gestellt, und ihnen ohne großes Gespräch meine CD gegeben“, sagt er. Die hätten sich riesig gefreut. Deswegen will er das auch wiederholen. „Jetzt vor Weihnachten bietet sich die Gelegenheit, finde ich“, fügt er hinzu.
Doch neben der Musik wolle er sich jetzt auch Zeit für andere Hobbys und die Familie nehmen.
Ob er nun auch sein Pseudonym „John Graye“ endgültig ablegen möchte, lässt er noch offen. Das habe er damals einerseits gewählt, weil er nur auf Englisch singe. Andererseits sei das natürlich auch eine Anspielung auf seine ergrauten Haare gewesen.