Ahauser (33) mit 1,5 Promille am Steuer „Nebelkerze“ der Verteidigung zündet nicht

Ahauser mit 1,5 Promille am Steuer: „Nebelkerze“ der Verteidigung bleibt ohne Wirkung
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Vollbekleidet und mit nassen Schuhen schlafend im Bett, der Motor des Autos noch warm, eine Beschädigung am Kotflügel, gut 1,5 Promille im Blut: Die Indizien, die dafür sprachen, dass sich ein 33-Jähriger im März dieses Jahres betrunken hinters Steuer gesetzt hatte, waren schon erdrückend. Dennoch legte der Ahauser Einspruch gegen den Strafbefehl wegen fahrlässiger Trunkenheit im Straßenverkehr ein. Während der Hauptverhandlung im Amtsgericht zog die Verteidigung noch einen Trumpf aus dem Ärmel.

Nein, er werde sich zum Anklagevorwurf nicht weiter äußern. Schon zu Beginn der Verhandlung machte der 33-Jährige deutlich, dass er sich wenig kooperativ zeigen werde. Und so waren es vor allem die beiden Hauptzeugen, die Licht ins Dunkel brachten.

Auf dem Rückweg von einer Feier sei dem Zeugen im Außenbereich von Ahaus ein Auto aufgefallen, dass „stark geschwankt“ sei. Sprich: in Schlangenlinien gefahren. „An einer Stelle hat es gar die Leitplanke touchiert“, erklärte er. Daraufhin habe er die Polizei verständigt. Irgendwann habe man das Auto dann aus dem Blick verloren, es aber später auf einem Seitenstreifen an einem Zaun wieder getroffen. „Dann haben wir die Sache an die Polizei übergeben“, erklärte er.

Zeugenaussagen nahezu deckungsgleich

Das Auto sei in jedem Fall „so schnell gefahren, dass man Mühe hatte, hinterherzukommen“. Personen im Wagen habe er keine erkannt, Kennzeichen und Automarke wurden seines Wissens aber an die Polizei übermittelt. „Erinnern kann ich mich daran aber nicht mehr“, so der Zeuge. Die Schilderungen seiner Frau waren nahezu deckungsgleich. Auch habe der Fahrer ungebremst trotz Stoppschild eine Landstraße passiert. Trotz Glätte.

Nun zog die Verteidigung die vermeintliche Trumpfkarte. Per Beweisantrag. Ein Bruder des Angeklagten solle gehört werden. Um zu hinterfragen, ob der 33-Jährige tatsächlich am Steuer gesessen hat. Der Richter ließ den Zeugen zu, dieser beschränkte sich letztlich auf einen Satz: „Ich saß im Auto. Vorne.“ Um sich selbst nicht zu belasten. Ein weiterer Bruder, der mit dem Angeklagten zu jener Zeit das Haus alleine bewohnte, machte von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch.

Die Polizeibeamtin, die an jenem Abend im Einsatz war, malte das Bild, das die beiden Hauptzeugen angefangen hatten, weiter. So sei ihnen auch übermittelt worden, dass besagter Autofahrer mehrfach in den Gegenverkehr geraten sei, es habe auch fast Zusammenstöße gegeben. Der Versuch, das Fahrzeug noch „fahrenderweise einzuholen“, sei letztlich misslungen. Anhand des Kennzeichens konnte aber die Halteranschrift angesteuert werden. Dort sei das Auto abgestellt gewesen, eben mit warmem Motor, Beschädigung, unverschlossen. Die Schlüssel hätten auf dem Armaturenbrett gelegen.

Geöffnet habe den Polizeibeamten der Bruder des Angeklagten. Dieser habe einen verschlafenen Eindruck gemacht, ein freiwilliger Alkoholtest habe 0,0 Promille ergeben. „Er konnte uns nicht direkt mitteilen, ob sein Bruder im Haus ist“, erklärte die Beamtin. In dessen Zimmer habe man diesen dann vollbekleidet und mit nassen Schuhen auf dem Bett schlafend angetroffen. Und mit deutlicher „Alkoholfahne“. „Wir mussten ihn schon doller wecken“, meinte sie.

Angaben habe dieser keine machen wollen, nach Rücksprache mit der Staatsanwaltschaft seien ihm dann zwei Blutproben entnommen worden: rund 45 Minuten nach dem Vorfall zunächst 1,59 Promille, 45 Minuten später 1,5 Promille. Eine weitere Person – zum Beispiel den zweiten Bruder, der mit im Auto gesessen haben soll – habe man im Haus nicht angetroffen. Laut Registerauszug war der Ahauser bisher dreimal in Erscheinung getreten, allerdings nicht einschlägig.

Richter erhöht Antrag noch

In ihrem Plädoyer sah die Anklagevertreterin den Sachverhalt als erwiesen an. Die Aussagen der Zeugen seien „glaubwürdig, präzise und schlüssig“. Einzig zugutehalten könne man dem Angeklagten, dass es noch keine Einträge im Fahreignungsregister gebe. 35 Tagessätze à 60 Euro und eine dreimonatige Führerscheinsperre seien angemessen wegen der fahrlässigen Trunkenheit im Straßenverkehr.

Dem konnte die Verteidigerin nicht entsprechen. „Keiner weiß, wie viele im Auto saßen und wer tatsächlich gefahren ist“, meinte diese. Somit müsse die Unschuldsvermutung gelten, sprich Freispruch unter Herausgabe des Führerscheins.

Der Richter ging mit der Staatsanwaltschaft mit und „erhöhte“ sogar auf 40 Tagessätze und sechsmonatige Führerscheinsperre. Er äußerte noch einmal seinen Unmut über die Art des Beweisantrags: „Sie wollten damit eine Nebelkerze zünden, Verwirrung stiften. Das habe ich nicht geglaubt.“ Alles deute darauf hin, dass der Angeklagte am Steuer gesessen habe: „Und sie waren absolut fahruntüchtig.“