Ahaus macht 12,17 Mio. Euro Minus, aber investiert massiv Breite Mehrheit stimmt für Haushalt

Rat stimmt zu: Ahaus macht 12,17 Mio. Euro Minus, aber investiert massiv
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Die Stadt Ahaus macht im Haushalt 2024 ein geplantes Minus von 12,17 Millionen Euro. Damit steht der Haushalt schon eine Million Euro besser da, als bei der Einbringung vor einigen Wochen. Der vorrangige Grund: Es fließt mehr Gewerbesteuer als angenommen.

Trotz des Defizits plant die Verwaltung rund 36 Millionen Euro Investitionen: für Schulen, Kindertageseinrichtungen, den Straßen- und Kanalbau. Große Projekte sind der Anbau der Mensa am Josef-Cardijn-Haus, der Um- und Neubau der Josefschule, die Erweiterung der Aabachschule und die Sanierung der Overbergschule, Kita-Erweiterungen und der Straßen- sowie Kanalbau.

Ebenso wird in neue Flüchtlingsunterkünfte investiert. So soll die Notunterkunft in der Sporthalle im Vestert bald geschlossen werden. „Die Verträge sind zur Mitte des Jahres gekündigt“, hatte der Beigeordnete Werner Leuker in der Ratssitzung am Donnerstag (29. Februar) erklärt.

Kämmerer Manuel Benning und der Technische Beigeordnete Thomas Hammwöhner im Ratssaal
Eine Handvoll Zuschauer im Ratssaal und zwischen 70 und 80 Zuschauer der Online-Übertragung verfolgten die Haushaltsreden. Nach etwas weniger als 90 Minuten war der Haushaltsentwurf von Kämmerer Manuel Benning (M.) beschlossene Sache. © Stadt Ahaus - Stefan Hilbring

Aber zurück zum Haushalt: Riesige Investitionen wie zum Beispiel ein Neubau von Feuer- und Rettungswache, Bauhof oder dem Gerätehaus der Feuerwehr in Alstätte sind aktuell noch nicht einmal in der obersten Priorität der Planung vorgesehen. Sie stehen in den Folgejahren an.

Zwei Fraktionen sind dagegen

Zwei Fraktionen mochten sich mit dem Entwurf nicht anfreunden und stimmten dagegen: „Eine Entlastung der Menschen wäre möglich gewesen“, machte der SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Lambers deutlich. Auch bei einem so hoch eingeplanten Minus. Beispielsweise die Anhebung von Grund- und Gewerbesteuern: „Das hätte ein Zeichen für die Ahauser sein können“, sagte er.

Die WGW fühlte sich so weit von einer Zustimmung entfernt wie noch nie zuvor. So formulierte es zumindest Norbert Frankemölle. Die geplante Mikrohaussiedlung im Wüllener Norden etwa wolle kein Wüllener, lediglich die Verwaltungsspitze wolle sich damit brüsten. Immer noch stehe dort und im Rest der geplanten Wohngebiete kein einziges Haus. „Seit zehn Jahren kann ich die Reden so oder so ähnlich halten“, erklärte er.

Überhaupt werde dem Ortsteil Wüllen übel mitgespielt: Den eigenen Leuchtturmspielplatz, ein Dorfgemeinschaftshaus oder neue Gewerbeflächen bekomme Wüllen als Letztes. Stattdessen werde unnötig viel Geld in anderen Ortsteilen ausgegeben: etwa für eine runde Kita in Alstätte oder eine nicht benötigte Velo-Route zwischen Ahaus und Ottenstein. Die Verwaltung habe einen defizitären Haushalt vorgelegt. „Das hat nichts damit zu tun, den Gürtel enger zu schnallen“, schimpfte er.

Massive Mehrheit stimmt für Haushalt

Die sechs Stimmen aus SPD und WGW standen einer massiven Mehrheit aus CDU, UWG, Grünen, FDP und Reinhard Horst gegenüber.

In ihren Haushaltsreden betonten alle Parteien den massiven Einfluss der weltweiten Krisen auf das Leben und die Entscheidungen vor Ort. „Wir wollen und müssen helfen, stoßen aber auch an Grenzen“, betonte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dr. Michael Räckers.

Trotz der Haushaltslage sei die Stadt in der Lage, enorm zu investieren. „Das macht Ahaus attraktiv und lebenswert“, erklärte er. Das sei aber nur möglich, weil die Stadt in der Vergangenheit Rekorde bei der Gewerbesteuer eingefahren habe.

„Wir wollen nicht nur verwalten, wir wollen gestalten“, machte Dr. Michael Räckers, CDU-Fraktionsvorsitzender, deutlich. Auch was Wohn- und Gewerbeflächen angehe, müsse die Stadt weiter auf dem Gaspedal stehen. Natürlich seien Neubaugebiete wichtig, die Nachverdichtung müsse aber konsequent Vorfahrt bekommen.

Ausdrücklich lobte er eine neue und konstruktive Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Ein Punkt gerate mehr und mehr in den Fokus: „Wir müssen immer mehr infrage stellen, was wir uns leisten können und wollen.“

„Ahaus wird eine Autostadt bleiben“, erklärte Hubert Kersting (UWG). Schon wegen der über 10.000 Ein- und Auspendler, die sich jeden Tag auf den Weg zur Arbeit machen. Dennoch erwarte er, dass mehr für CO2-reduzierende Lösungen getan werde. Für Flüchtlinge müssten dauerhafte Unterkünfte geschaffen werden. Problem: Die Kommunen stünden weiter vor enormen Aufgaben, bekämen dafür aber nicht genug Finanzmittel. „Wie lange werden wir uns die Schulden noch leisten können?“, fragte er.

„Ahaus wird das schultern können“

Über relativ ruhiges Fahrwasser in schwierigen Zeiten freute sich Dietmar Eisele (Grüne): „Das liegt an den hervorragenden Haushalten seit 2015“, machte er deutlich. Und das ermögliche eben trotz aller Kreditaufnahmen beeindruckende Investitionen: So könne Ahaus eine familienfreundliche und prosperierende Stadt bleiben. Sei es durch die Stärkung des Schulstandorts oder durch Investitionen in die Zukunft, durch Infrastruktur und Grunderwerb. „Ahaus wird das schultern können“, sagte er.

Für Marco Schultewolter (FDP) war der aktuelle Haushalt die unsanfte Landung auf dem Boden der Tatsachen: „Wir können uns auf die glücklichen Überraschungen vergangener Jahre nicht verlassen“, machte er deutlich. Aber auch wenn sich die Stadt noch einigen Luxus gönne, müsse man fragen, ob es sinnvoll sei, das zu streichen.

Reinhard Horst (WLA) machte schließlich den Abschluss: Die Verwaltung könne ja ohnehin nur noch einen sehr kleinen Teil frei planen. Dass die Hebesätze der Steuern steigen, empfand er als traurig. Ausdrücklich lobte er mutige Projekte der Verwaltung: zum Beispiel die runde Kita in Alstätte als auch die Mikrohaussiedlung.

Die Haushaltsreden hat die Stadt Ahaus online veröffentlicht: https://stadt-ahaus.de/