Montag - Dienstag - Mittwoch - Donnerstag - Freitag. Handgeschriebene Zettel zieren das Garderobensystem im hinteren Raum des Ateliers Sevingen. Durch eine Menge weißen Tüll erkämpft sich Funda Sevingen einen Weg zu ihrem Organisationszentrum.
Die Bügel an der Garderobe stapeln sich. An ihnen hängen Anzüge, Röcke, Kleider, Jacken. Kleidungsstücke von Menschen, die die Schneidermeisterin aufgesucht haben. Links stapeln sich Skizzen von Kleidern. Rechts führt eine Tür in den nächsten Raum. In Regalen sammeln sich dort zahlreiche Spulen in allen Farben. An einer Overlock-Nähmaschine sitzt ihr Mann und versäubert einen Saum. „Wir arbeiten zusammen - einer trennt auf und danach wird genäht“, erklärt die Inhaberin des Ateliers Sevingen.
Die einzelnen Arbeitsschritte in der Schneiderei erinnern an ein Schweizer Uhrwerk - jedes Teil hat seinen Platz, seine Funktion. Jedes Zahnrad wird zur richtigen Zeit bewegt - viele Worte brauchen Funda Sevingen und ihr Mann dafür nicht. „Ich hab ihm alles beigebracht“, ergänzt sie augenzwinkernd. Funda Sevingen selbst hat diese Berufung quasi in die Wiege gelegt bekommen. „Meine Mutter war auch Schneiderin - in der Türkei.“
„Man muss den Beruf lieben“
Morgens um 9 schließt die 54-Jährige das Atelier in Ahaus auf. Dann fängt sie an, die Aufträge des Vortages abzuarbeiten. Primär Änderungsarbeiten. „Alles, was ich angenommen habe, muss ich auch fertig machen.“ Und natürlich die Kundenberatung und neue Aufträge: Denn zwischen all der Arbeit befindet sich auch noch eine Verkaufsstelle. „Kleider für Schützenfeste, Hochzeiten oder Abschlüsse.“
Auch wenn sie theoretisch um 16 Uhr Feierabend hat, ist daran in der Hochzeitssaison - April bis August - kaum zu denken. Denn neben einem Repertoire an traumhaften Kleidern bietet Funda Sevingen auch individuelle Gestaltungen an.

Und für wen lohnt sich so eine individuelle Anfertigung? „Für sehr schlanke Frauen oder solche, die etwas mehr Gewicht oder unterschiedliche Proportionen haben.“ Aber auch für die Bräute, die eine ganz genaue Vorstellung von ihrem Traumkleid haben und keines von der Stange wollen. Übrigens: Auch Abendkleider können individuell gestaltet werden.
Funda Sevingen erklärt, dass dieser Beruf eine Menge Flexibilität, Geduld und Handgeschick erfordere. „Man muss den Beruf wirklich lieben.“ Außerdem benötige man eine Wertschätzung gegenüber der Materialien. Ihre Philosophie: Die Arbeit wird nicht vom materiellen Wert des Kleidungsstücks bestimmt.
Der Weg zum Traumkleid
Im ersten Schritt zum individuellen Kleid werden die Wünsche besprochen - währenddessen fertigt Funda Sevingen eine grobe Skizze der Vorstellungen an.

Anschließend sucht sich die Kundin dann Stoffe aus. „Typische Stoffe sind Satin, Chiffon und Spitze.“ Dann geht es ans Eingemachte und der erste Entwurf des Kleides wird aus einem Musterstoff angefertigt. Hier arbeitet die Ahauserin mit anderen Firmen zusammen, sodass sie den Feinschliff in ihrem Atelier vornimmt.
Nach der ersten Anprobe wird das Kleid dann wieder komplett auseinandergenommen und aus dem richtigen Stoff - den sich die Kundin ausgesucht hat - genäht.
Das erste Kleid, das Funda Sevingen selber genäht hat: „Mein eigenes. Und ich bin immer noch stolz darauf.“
Und was nach dem großen Tag?
So ein Traumkleid ist eigentlich zu schade, als dass man es nur einen Tag trägt - aber was kann man nach dem großen Tag damit anstellen? „Aus dem Brautkleid kann man ein Taufkleid und ein Kommunionskleid anfertigen.“ Einige von Funda Sevingens Kundinnen haben das auch gemacht.
Besonders zeichne sich das Unternehmen durch die Kombination aus Industrie und Handwerk aus - Schnelligkeit und Präzision vereint. „Ich bin stolz auf mich“, sagt die Schneidermeisterin mit einem Blick auf ein Fotoalbum, das ihre vergangenen Werke präsentiert.