14,2 Mio. Euro Defizit Rat ist sich nicht einig: Lebt die Stadt über ihre Verhältnisse?

Rat ist sich nicht einig: Lebt die Stadt über ihre Verhältnisse?
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Ein Minus von 14,2 Millionen Euro macht die Stadt Ahaus in diesem Jahr. Geplant. Denn auch in den vergangenen Jahren waren die eingeplanten Defizite am Ende nie eingetreten. Eine breite Mehrheit aus dem Rat hat das beschlossen. Einstimmig war das Ergebnis aber nicht.

Dagegen stimmten, wie schon im vergangenen Jahr SPD und WGW. Die SPD sah zwar gute Ansätze für die Zukunft, machte im Haushalt aber auch einige Probleme aus: „Wir könnten die Menschen entlasten, tun es aber nicht“, fasste Andrea Schulte zusammen.

Bei der Grundsteuer B für Wohngrundstücke etwa oder bei den Abschreibungen auf die Gebühren von Abwasser – seit Jahren ein Lieblingsstreitthema der SPD in Ahaus. Außerdem habe die Ahauser Verwaltung eine Million Euro globalen Minderaufwand in den Haushalt geschrieben. Dieses Mittel sei aber eigentlich für Städte kurz vor der Haushaltssicherung gedacht gewesen. „Das widerspricht den Grundsätzen der Haushalts-Wahrheit und -Klarheit“, erklärte sie.

Blick in den Ahauser Rat
Große Diskussionen gab es um den städtischen Haushalt nicht. Ein einstimmiges Ergebnis aber auch nicht. Geplant macht die Stadt in diesem Jahr ein Defizit von über 14 Millionen Euro. Investiert werden sollen 42 Millionen Euro. © Stadt Ahaus

Für die WGW werde in Ahaus unnötig viel Geld ausgegeben: Sei es die „Luxusmensa im Josef-Cardijn-Haus“, die Planung für den Busbahnhof, die Velo-Route nach Ottenstein, der runde statt rechteckige Neubau der Kita Wilde Wiese, die Kreisverkehre an der Coesfelder Straße und direkt daneben am Stadtwall/Rotering. Norbert Frankemölle ließ wenig Gutes an den Planungen der Stadt – denen die WGW aber zumindest in Teilen zugestimmt hatte.

Im Gegensatz dazu würden in Wüllen viele Projekte überhaupt nicht vorwärts gehen. „Die Stadt lebt deutlich über ihre Verhältnisse“, schimpfte er. Mehr noch: „Ohne die enorme Gewerbesteuer wäre die Stadt pleite.“

Problem in der Struktur

Für Dr. Michael Räckers (CDU) steckt das Problem in der Struktur: Die Stadt müsse immer weitere Aufgaben schultern. „Dafür brauchen wir aber auch die finanzielle Ausstattung“, machte er deutlich. Es sei auf lange Sicht zu einfach, immer nur auf eine wachsende Gewerbesteuer zu setzen. Auch gehöre es zur Wahrheit, dass die Stadt viele Investitionen vor sich herschiebe.

Trotz Priorisierung bei den Projekten gelinge es nicht, den Investitionsstau abzubauen. Was er nicht verstehe: Der Rat habe beschlossen, das Personal im Bereich Hoch- und Tiefbau bei der Stadt auszuweiten. „Da standen Sie auf der Bremse“, sagte er zu Karola Voß.

Die CDU wolle Ahaus und die Ortsteile weiter attraktiv, lebenswert und kreativ gestalten. „Die grundsätzliche Richtung stimmt aber“, sagte er. Wichtig sei, dass die demokratischen Parteien in Ahaus bei allem Wettbewerb auch in Zukunft konstruktiv zusammenarbeiten. „Wir müssen die Mitte stärken, damit wir hier kein blaues Wunder erleben“, sagte er mit Blick auf das AfD-Wahlergebnis bei der Bundestagswahl.

Schulen und Kitas im Fokus

Die UWG will alles unterstützen, was Kitas und Schulen in der Stadt verbessert, betonte Hubert Kersting (UWG). Auch er vermisste allerdings eine auskömmliche Unterstützung aus Düsseldorf und Berlin. Die Haushaltslage sei zwar angespannt und es ja, freiwillige Leistungen müssten auf Dauer hinterfragt werden. Das sei aber, bei allen Herausforderungen auch in Zukunft noch zu regeln.

Dietmar Eisele (Grüne) war wichtig, wie Wohnen bezahlbar bleiben kann. In seinen Augen ein Grundrecht: Wie ein günstiges Grundstück oder eine bezahlbare Wohnung auch in Zukunft noch für Familien zur Verfügung stehen könne. Ein Beispiel könne Erbbaurecht sein.

Auch müssten Batteriespeicher in den Gewerbegebieten gebaut werden, um erneuerbare Energien weiter zu stärken. „Das ist keine grüne Spinnerei“, betont er. Eine ganz klare Absage erteilte er aber den Plänen für den Druckluftspeicher von Corre Energy bei Alstätte: „Das wollen wir nicht!“

Auch FDP und Reinhard Horst (WLA) stimmten dem Haushalt zu.

90 Minuten hatten die Reden der sechs Fraktionen und des einzelnen Ratsherrn Reinhard Horst insgesamt beansprucht. Neben den lokalen Inhalten spannten sie auch den weiten Bogen bis in die internationale Politik.

Das Interesse daran blieb aber sehr überschaubar: Vor Ort wie online. Die Zuschauertribüne blieb leer, online hatten in der Spitze rund 80 Zuschauer zumindest Teil der Live-Übertragung verfolgt. Die Stadt Ahaus hat die Reden auf ihrer Homepage veröffentlicht.